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Nuklearia: Verfassungsgemäßer Klimaschutz nur mit Kernenergie

Als klares Signal für den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke wertet der Nuklearia e. V. den gestern veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz. Das Gericht hatte das Klimaschutzgesetz in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Der Verein fordert nun die Rücknahme des Atomausstiegs.

Die Verfassungsrichter monierten, die Reduzierung der CO₂-Emissionen falle in der Zeit bis 2030 viel zu gering aus. Deutschland will bis 2050 CO₂-neutral sein. Wenn aber bis 2030 zu wenig CO₂ eingespart werde, müssten die Menschen in der Zeit danach umso größere Anstrengungen unternehmen. Dazu müssten sie unverhältnismäßig starke Einschränkungen ihrer Freiheitsrechte hinnehmen. Der Gesetzgeber muss nach dem Spruch des Verfassungsgerichts nun Regelungen schaffen, mit denen die Lasten der Klimapolitik gerechter über die Zeit verteilt werden.

Einsparungen, die wir heute nicht machen, bürden wir unseren Kindern auf

»Vorschriften, die jetzt CO2-Emissionen zulassen, begründen eine unumkehrbar angelegte rechtliche Gefährdung künftiger Freiheit«, so die Richter.

Für den Nuklearia-Vorsitzenden Rainer Klute ist der Atomausstieg eine solche Vorschrift. »Die Stilllegung der sechs verbliebenen Kernkraftwerke wird zusätzliche Emissionen von gewaltigen 50–75 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr verursachen«, so der 60-jährige Informatiker. Statt der CO₂-armen Kernkraftwerke solle man lieber CO₂-intensive Kohlekraftwerke stilllegen. »Das würde wirklich etwas bringen. Denn jedes weitere Gramm CO₂ ist zu viel, erst recht Millionen Tonnen jedes Jahr«, meint Klute.

Nach Ansicht des Vereins ist die Abschaltung der Kernkraftwerke in Deutschland bis Ende 2022 nicht mit der vom Gericht geforderten Verpflichtung vereinbar, die Treibhausgasemissionen möglichst schnell zu mindern, um drastische Einschränkungen grundgesetzlich gesicherter Freiheitsrechte für nachfolgende Generationen zu vermeiden.

Weltklimarat: Klimaziele ohne Kernkraft nicht erreichbar

Nach den Erkenntnissen des Weltklimarates (IPCC) kann das vom Gericht zitierte 1,5-°C-Ziel realistischerweise nicht ohne Kernenergie erreicht werden. Der IPCC hält eine Verdopplung bis Versechsfachung der Kernenergie bis 2050 für notwendig.

Deutschland habe den Atomausstieg 2002 unter der Annahme beschlossen, es könne die Klimaziele auch ohne die Kernenergie einhalten, erläutert Nuklearia-Vorstandsmitglied Christoph Barthe. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts mache aber deutlich, dass diese Annahme nicht gerechtfertigt war. »Ohne die Kernenergie erfolgt der Rückgang der CO₂-Emissionen viel zu langsam. Das bürdet künftigen Generationen unverhältnismäßig hohe Lasten auf«, so Barthe. Der Nuklearia e. V. setzt sich für ein kombiniertes Stromsystem ein, in dem Kernenergie und Erneuerbare gemeinsam CO₂-freien Strom liefern.

Bundesregierung soll Kernkraftwerke retten

Der Vorstand der Nuklearia ruft Bundesregierung und Bundestag auf, den Atomausstieg schnellstens zurückzunehmen. Kernkraftwerke trügen aktiv zum Klimaschutz bei. Daher müsse der Staat dafür sorgen, dass die sechs verbliebenen Anlagen über das Jahr 2022 hinaus betrieben würden. Falls nötig, solle die Bundesrepublik die Kernkraftwerke den jetzigen Betreibern für einen symbolischen Preis abkaufen und in eigener Regie weiterführen.

Laufzeitverlängerungen von Kernkraftwerken gelten international als die kostengünstigste Möglichkeit, klimaneutral saubere Energie zu erzeugen. Der Nuklearia e. V. will dafür auch in diesem Jahr wieder zu Demonstrationen aufrufen und an den Standorten der Kernkraftwerke auf die Straße gehen.

Quellen

8 Antworten

  1. Alles klar, der Atomausstieg ist eine Fehlleistung ersten Ranges der Physikerin Angela Merkel. Wenn sie nicht auch zur Gas-Ableserin Putins werden will, sollte sie noch in den letzten Tagen Verantwortung übernehmen und Kernenergie zur systemrelevanten (grünen) Energieform erklären, wie das in Europa gerade erfolgt.
    Meiner Meinung nach gehört das zur Ehrlichkeit einer Wissenschaftlerin, wenn sie etwas erkennt, nicht auf politische Vorteile zu schielen, die morgen sowieso keine Mehrheit mehr finden. Nun, Wahlen sind damit ohnehin nicht zu gewinnen und wir werden voraussichtlich erleben, wie der Supertanker Deutschland in den nächsten Monaten von Zauberlehrlingen durch die energetischen und pandemischen Stürme gelenkt wird. Ein Crash ist nicht ganz unwahrscheinlich, ein Blackout sogar wahrscheinlich.

  2. Tatsächlich schreibt das BVerG auf der verlinkten Seite (alle Zitate im O-Ton):
    „… insofern mit Grundrechten unvereinbar sind, als hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab dem Jahr 2031 fehlen“ und später weiter:
    „… sind durch die angegriffenen Bestimmungen aber in ihren Freiheitsrechten verletzt. Die Vorschriften verschieben hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030. … den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur … zu begrenzen. Um das zu erreichen, müssen die nach 2030 noch erforderlichen Minderungen dann immer dringender und kurzfristiger erbracht werden. Von diesen künftigen Emissionsminderungspflichten ist praktisch jegliche Freiheit potenziell betroffen … Der Gesetzgeber hätte daher zur Wahrung grundrechtlich gesicherter Freiheit Vorkehrungen treffen müssen, um diese hohen Lasten abzumildern.“

    Wie aus diesen Begründungen nun angeblich ein „klares Signal für den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke“ werden soll, erschließt sich jenseits persönlicher Ideologie nicht einmal ansatzweise. Würde dafür bitte jemand von der Nuklearia eine Begründung liefern? Bitte eine stichhaltige, die auch einer kritischen Hinterfragung Stand hält – und keine interessengeleitete! Danke.

    1. »Der Gesetzgeber hätte daher zur Wahrung grundrechtlich gesicherter Freiheit Vorkehrungen treffen müssen, um diese hohen Lasten abzumildern« – ganz recht! Der Einsatz der Kernenergie trägt ja wesentlich dazu bei, diese hohen Lasten abzumildern. Denn die Kernenergie ist praktisch CO₂-frei. Wer Kernkraftwerke stilllegt, erhöht jedoch die Lasten. Eigentlich ganz einfach, oder?

      1. Der Einsatz von Atomkraftwerken *könnte* nur teilweise und damit unzureichend (und obendrein noch viel zu teuer) dazu beitragen: es geht nämlich darum, die *gesamte* Abdeckung des Primärenergieverbrauchs – also auch gerade von Wärme (und nicht nur Strom) – näherungsweise CO2-neutral zu bekommen. Das wird mit dem Weiterbetrieb bestehender Atomkraftwerke nicht sinnvoll funktionieren – ganz abgesehen von der gesellschaftlichen Mehrheit gegen diese zutiefst fragwürdige Stromerzeugungsmethode.

        Ungleich wichtiger aber ist folgender Sachverhalt:
        die deutschen Atomkraftwerke wurden für eine Laufzeit von 40 Jahren konzipiert – sämtliche Auslegung ist darauf ausgerichtet. Ein Weiterbetrieb über diese konzipierte Laufzeit hinaus mündet aufgrund von Materialermüdung durch anhaltende radioaktive Strahlung und Wasserstoffversprödung (möglicherweise eine Mitursache für die „Rissreaktoren“) zwangsweise in unkalkulierbare Gefahren – nicht nur für die junge, klageführende Generation, sondern die gesamte Bevölkerung. Das Motto ihres Lobby-Vereins lautet „Für moderne und sichere Kernenergie“. Alte Atomkraftwerke aber sind weder modern, noch ist deren Weiterbetrieb sicher (aus o.g. Gründen). Wie lösen Sie diesen Widerspruch auf?

        Ist es wirklich Ihr Ernst, dass das BVerfG dieses verantwortungslose Vabanquespiel mit Leben und Gesundheit der gesamten Bevölkerung mit deren Urteil im Sinn hatte?
        Darf ihre „Wertung“ (Eingangsstatement des Artikels) so verstanden werden, dass Sie entgegen o.g. Mottos auch mit alten & unsicheren Atomkraftwerken kein Problem haben?

        Die ungleich nahe liegendere Folgerung aus dem BVerfG-Urteil, die im Gegensatz zum Weiterbetrieb alter Atomkraftwerke die Bevölkerung keiner unkalkulierbaren Gefahr aussetzt, ist ein hinreichend kompetent gemanagter Ausbau der Energiewende, wovon derzeit keine Rede sein kann.

        FAZIT
        Vielen Dank für ihre prompte Reaktion, Hr. Klute. Dem Anspruch einer stichhaltigen Begründung, die auch einer kritischen Überprüfung Stand hält, warum das Urteil des BVerfG nun angeblich ein „klares Signal für den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke“ sei, kann diese allerdings nicht einmal ansatzweise gerecht werden.
        Was für sich und Bände spricht. In diesem Sinne: vielen Dank erneut!

        1. Dass die verbliebenen sechs Kernkraftwerke nicht den gesamten Primärenergiebedarf und noch nicht einmal den gesamten Strombedarf decken können, steht völlig außer Frage. Darum geht es aber auch gar nicht. Sinn und Zweck, die Kernkraftwerke weiterzubetreiben und stattdessen entsprechende Kohlekraftwerkskapazitäten stillzulegen, ist es, die Emissionen von jährlich 50–75 Millionen Tonnen CO₂ zu vermeiden. Wir werden dann auch über den Neubau von Kernkraftwerken reden müssen, aber das steht auf einem anderen Blatt.

          Die von Ihnen genannten 40 Jahre sind keine Maximallaufzeit, erst recht keinen, bei der einen Tag später die Anlage auseinanderfällt, sondern eine konservative Annahme, die man zu Beginn der Kernkraftära über die Haltbarkeit von Reaktordruckbehältern (RDB) getroffen hatte. Inzwischen weiß man, dass RDB sehr viel länger halten. In den USA sind bereits die ersten sechs Kernreaktoren für eine Laufzeit von 80 Jahren zugelassen worden. Die Atomaufsichtsbehörde hat Anfang dieses Jahres damit begonnen, die Voraussetzungen zu klären, die eine Anlage erfüllen muss, um eine Genehmigung für 100 Jahre zu bekommen. Siehe auch https://www.energy.gov/ne/articles/whats-lifespan-nuclear-reactor-much-longer-you-might-think.

          Die Kernenergie ist neben der Luftfahrt die am stärksten regulierte Industrie, bei der Sicherheit ganz oben ansteht. Von einem unkalkulierbaren Risiko kann daher überhaupt keine Rede sein, erst recht nicht, wie Sie es ausdrückten, von einer unkalkulierbaren Gefahr.

          Bei einer Energiewende, die zentrale Fragen nicht beantworten kann (»Woher kommt der CO₂-freie Strom in einer windstillen Nacht?«), sieht das allerdings völlig anders aus.

          1. Das wichtigste vorweg: Da zur Vermeidung von CO₂-Emission ein hinreichend kompetent gemanagter EE-Anlagen-Ausbau (siehe Abschlussbemerkung) in jeder, also wirklich jeder denkbaren Hinsicht der deutlich bessere Weg ist, bleiben Sie weiter die entscheidende Antwort auf die Frage schuldig, warum das Urteil des BVerfG nun angeblich ein „klares Signal für den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke“ sei.

            Nein, entgegen ihrer faktisch falschen Behauptung ist die konzipierte AKW-Lebensdauer ist KEINE “konservative Annahme“, sondern die Zeit, in der eine hinreichende Sicherheit gewährleistet werden kann. Darf Ihre Äußerung so verstanden werden, dass Sie wegen Ihrer persönlichen Vorliebe durchaus bereit sind, Leben & Gesundheit der gesamten Bevölkerung durch einen Weiterbetrieb über die konzipierte Lebensdauer hinaus aufs Spiel zu setzen?

            Dass in den USA bereits die ersten 6 Atomreaktoren für eine Laufzeit von 80 Jahren zugelassen wurden ändert nicht das geringste an der Tatsache, dass die bestehenden deutschem Atomkräfte nur für eine Lebensdauer von 40 Jahren konzipiert wurden.

            Dass bei Atomkraftwerken angeblich „die Sicherheit ganz oben ansteht“ dürfen Sie gern versuchen, anderen weiszumachen, die es nicht besser wissen: nicht nur dass erfahrungsgemäß die Sicherheit fast immer gegen den Zwang zur Gewinnmaximierung verliert (ein systemisch unauflöslicher Konflikt), sondern obendrein: Sofern dem so WÄRE (bewußt Konjunktiv), wie Sie substanzlos behaupten, müssten ad hoc sämtliche deutschen Atomkraftwerke stillgelegt werden, weil diese nicht mehr der Maßgabe der höchsten Technikklausel „Stand von Wissenschaft & Technik“ gerecht werden, denn das ist überwiegend 40 Jahre alte Technik. Was Sie allerdings nicht davon abhält, dem verantwortungslosen Weiterbetrieb von Atomkraftwerken über die konzipierte Lebensdauer hinaus das Wort zu reden, was mal so nebenbei schwerste Zweifel am Motto Ihres Vereins verursacht.

            Ein hinreichend kompetent gemanagtes Energiewendekonzept (davon ist der Status Quo Lichtjahre entfernt) hat die „zentralen Fragen“, die nur Laien beeindrucken können, aber Fachleuten nur ein müdes Lächeln abringt, längst beantwortet. Dem steht ein Konvolut offener Fragen von schwerster Tragweite bei Atomkraftwerken entgegen.

          2. Der grundlegende Denkfehler ihres Kommentars ist, ein Kernkraftwerk, das für eine Lebensdauer von 40 Jahren konzipiert ist, sei ab dem Jahr 41 unsicher und gefährlich. Dies ist natürlich nicht der Fall. Als die ersten Kernkraftwerke gebaut wurden, fehlte schlichtweg die Erfahrung, so dass man vorsichtig erst einmal nur 40 Jahre als Lebensdauer für den Reaktordruckbehälter (RDB) angesetzt hatte. Der RDB ist im Betrieb einem starkem Neutronenfluss ausgesetzt und versprödet dadurch nach und nach. Inzwischen weiß man, dass RDB-Standzeiten von weit mehr als 40 Jahre möglich sind. Es ist auch möglich, den Reaktorstahl durch Ausglühen zu regenerieren und wieder geschmeidig zu machen.

            Ihnen geht es angeblich um die Reduzierung der CO₂-Emissionen, aber die mit Abstand wirksamste Einzelmaßnahme lehnen Sie ab. Das nenne ich kognitive Dissonanz.

  3. 40 Jahre oder mehr?
    Nehmen wir ein analoges Beispiel. Flugmotoren von Flugzeugen haben vom Hersteller eine TBO (Time between Overhaul). Das sind Vorgaben des FAA und sie werden bei der Entwicklung des Flugmotors vom Hersteller nach bestem Wissen ermittelt und dann ist dieser Wert in Betriebsstunden festgelegt. Bei Ablauf dieser Laufzeit muss der Flugmotor grundüberholt werden. Eine zeitraubende und sehr teure Angelegenheit…
    Man geht heute davon aus, dass durch eine Analyse des Motorenöls, der Spurensuche nach Abrieb im Ölfilter und Inspektionen in den Verbrennungsraum der Zustand des Flugmotors sehr gut bestimmt werden kann.
    Aufgrund der Zustandsanalyse kann dann der Motorenhersteller/der Reparaturbetrieb und der Eigner des Flugmotors bestimmen, ob sich eine Verlängerung der Betriebszeit rechtfertigen lässt. Das ist in den allermeisten Fällen gerechtfertigt, weil eine Definition der TBO während der Entwicklungszeit eher akademisch ist und den späteren Betrieb nicht voraussehen kann.
    Das ist bei Kernkraftwerken nicht anders. Auch hier ist man mit dem Wissensstand der Inbetriebnahme von Prognosen und bestem Wissen ausgegangen. In der Zwischenzeit haben Betreiber und Hersteller ihren Wissensstand verbessert und die Bewilligung einer Betriebsverlängerung basiert auf dem heutigen Wissensstand und dem ermittelten Betriebszustand.
    Es ist daher aus meiner Sicht eher unsinnig von einem „unverantwortlichen Risiko“ zu sprechen.
    Kraftwerksanlagen sind notwendig und komplex. Sie haben unterschiedliche Risiken. Die Aufrechterhaltung der Betriebssicherheit ist Aufgabe des Betreibers – und deren Überwachung Aufgabe der staatlichen Aufsichtsbehörden. Sie alle werden von verantwortungsbewussten Mitarbeitenden geführt. Und ich gehe davon aus, dass sie ihren Wissensstand laufend anpassen und aus Erkenntnissen lernen und sich bei der Verlängerung von Betriebsbewilligungen auf Fakten beziehen und nicht einen Glaubenskrieg führen.
    Die Frage ist darum falsch gestellt. Sie müsste heissen: In welchem Zustand befindet sich ein KKW und wie lange lässt es sich weiter betreiben ohne heute erkennbare Veränderung des Sicherheitsrisikos?
    Wenn sich Betreiber und Aufsichtsbehörden nicht mehr einig sind, dann muss über eine Stilllegung verhandelt werden – oder es müssen Massnahmen getroffen werden, welche einen Weiterbetrieb verantworten lassen.

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