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Atomgegner: Lieber Klimakollaps als Atomstrom!
Atomgegner: Lieber Klimakollaps als Atomstrom!
Veröffentlicht am 2020-07-25
Von Martin Knipfer
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Die Laufzeit der deutschen Kernkraftwerke zu verlängern und im Gegenzug Braunkohlekraftwerke vorzeitig vom Netz zu nehmen, forderten die Wissenschaftler Anna Veronika Wendland und Rainer Moormann in einem Gastbeitrag in der Zeit und in einem wissenschaftlichen Memorandum, das sie auf der Website SaveGER6 veröffentlichten. Diese Forderung wies der Energiejournalist Wolfgang Pomrehn in einem bei Telepolis erschienenen Artikel zurück. Doch Pomrehns Alternativen hätten steigende Treibhausgas-Emissionen zur Folge. Wir nehmen seine Argumente genauer unter die Lupe.

Dampferzeuger: weder defekt noch gefährlich

In seinem Text spricht Wolfgang Pomrehn zuerst »Risse« in Heizrohren von Dampferzeugern des Kernkraftwerks Neckarwestheim 2 an. Als Einschätzung gibt er unreflektiert die Behauptung von Anti-Atom-Aktivisten wieder, der Betreiber EnBW setze das »Leben und Gesundheit von Millionen Menschen aufs Spiel«. Was der Autor verschweigt oder gar nicht weiß: Bei diesen »Rissen« handelt es sich in Wahrheit um Wanddickenschwächungen, die im »Leben« eines Dampferzeugers nichts Ungewöhnliches sind und keinen Grund zur Besorgnis darstellen. Vielmehr werden die wenigen betroffenen der insgesamt über 16.400 Heizrohre mit einer Art Stöpsel verschlossen und stillgelegt, sodass durch sie kein Wasser aus dem Reaktor mehr fließt. Dieses Vorgehen ist ein international übliches Standardverfahren.

Darüber hinaus musste EnBW verschiedene Maßnahmen umsetzen, um die Korrosion zu begrenzen. Mittlerweile ist erwiesen, dass sie Wirkung zeigen. Daher kann von einem »systematischen Fehler, dessen Ursache bis heute nicht behoben sei« keine Rede sein. Doch was würde eigentlich passieren, wenn sich trotzdem ein Riss komplett durch die Wand fräße? Nun … nicht viel. Bei den Heizrohren gilt das Leck-vor-Bruch-Prinzip. Das heißt, es würden zwar geringe Mengen Wassers, das übrigens nicht »stark kontaminiert«, sondern nur schwach radioaktiv ist, aus dem Primärkreislauf in den Sekundärkreis übertreten, aber es käme nicht zu einem Bruch. Tatsächlich ist der Reaktor sogar so ausgelegt, dass selbst ein vollständiges Abreißen eines Heizrohrs ohne die Gefahr eines Super-GAUs sicher beherrscht werden kann – siehe Kasten »Wie beherrscht ein KKW einen Dampferzeugerheizrohrbruch?«.

Deshalb ordnete das grüne Umweltministerium Baden-Württemberg den Vorfall als INES 0 ein. Das liegt noch unterhalb der siebenstufigen INES-Skala für Nuklearvorfälle. Nachdem auch die wissenschaftlichen Gutachter die Ergebnisse bestätigten, gab das Ministerium die Erlaubnis zum Anfahren. Inwiefern von den Dampferzeugern eine unverhältnismäßig große Gefahr ausgehen soll, bleibt vollkommen schleierhaft.

KKW-Betreiber wollen keine Laufzeitverlängerung

Pomrehn impliziert, dass Wendland und Moormann im Interesse der Kernkraftbetreiber handeln. Tatsächlich haben die Konzerne aber schon längst klargemacht, dass sie gar nicht an einem Weiterbetrieb interessiert sind. Deshalb schlagen die beiden Autoren des Zeit-Artikels vor, die KKW zukünftig in Staatshand zu betreiben. Wolfgang Pomrehn versucht, eine Art »Verschwörung der Atomlobby« zu konstruieren, was aber völlig haltlos ist.

Ausbau erneuerbarer Energiequellen stagniert

Pomrehn weist darauf hin, dass heute viel mehr Solaranlagen installiert sein könnten, wenn der Ausbau der Solarenergie nicht 2012 von der Bundesregierung »abgewürgt« worden wäre. Nun kann man viele »Was wäre wenn«-Szenarien aufstellen und nach Schuldigen suchen, doch dadurch sinkt der CO2-Ausstoß nicht. Fakt ist, dass der Ausbau von Solar und Wind für den Klimaschutz nicht ausreicht. Diese Tatsache ist nicht schön, aber die Frage lautet doch, was man nun macht: hinnehmen und pragmatische Alternativen überlegen oder »Ja, aber eigentlich hätte das funktionieren sollen!« rufen?

Dann kommt der Autor auf die Biomasse-Nutzung zu sprechen, deren Ausbau ab 2018 ebenfalls zum Erliegen gekommen sei. Mit nachhaltigeren Lösungen wie »speziellen mehrjährigen Blühwiesen« statt Mais-Monokulturen ließen sich die Probleme mit der Biodiversität beheben. Der Ausbau der Bioenergie war jedoch schon viel früher eingebrochen – die Kosten sind zu hoch.

Überhaupt fällt auf, dass Wolfgang Pomrehn immer wieder einen weiten Bogen um die Kostenfrage macht, obwohl dies einer der Hauptkritikpunkte an der Energiewende ist.

Hoch ist auch der Flächenbedarf der Bioenergie, was zur berühmt-berüchtigten »Tank oder Teller«-Diskussion führte, in der es um die Konkurrenz der Energieerzeugung gegenüber der Ernährung geht. Pomrehn schlägt als Lösung dieser Probleme im Grunde vor, den Flächenbedarf durch extensive Bewirtschaftung der Felder noch weiter zu steigern.

Kein Platz für neue Windräder

Der Windkraft-Ausbau ist, abgesehen von dem Ausschreibungssystem, das Pomrehn anführt, noch aus einem anderen Grund zurückgegangen: Es gehen schlichtweg die Flächen aus, auf denen sich noch umweltverträglich neue Windräder aufstellen lassen. Derzeit laufen Klagen gegen 1.300 geplante Windräder. Gründe sind besonders der Artenschutz, 1.140 stehen zu nah an sogenannten Drehfunkfeuern, und 909 kollidieren mit militärischem Luftraum. Tatsächlich hatte die Bundesregierung mit Einführung der Auktionen sogar verstärkt auf Bürgerprojekte gesetzt, aber dieser Schuss ging nach hinten los. All das sind die Symptome des tiefer liegenden Platzproblems, das die Windkraft immer stärker plagt.

Wendland und Moormann überschätzten die Gefahr einer Dunkelflaute, meint Pomrehn. Dunkelflauten, das sind Phasen, in denen Wind- und Solaranlagen aufgrund der Wetterlage keine nennenswerten Strommengen produzieren können. Sie treten immer wieder auf und können mehrere Tage andauern, beispielsweise erst im letzten Winter. Eine Studie im Auftrag von Greenpeace Energy zeigt, dass es im Winter 2006 sogar zu einer 14 Tage andauernden europaweiten Dunkelflaute gekommen war. Ein flächendeckender, tagelanger Stromausfall hätte verheerende Folgen. Deshalb muss unbedingt sichergestellt werden, dass der Bedarf jederzeit gedeckt ist.

Pomrehn fordert mehr Speicher – ohne jedoch auch nur ansatzweise auf die Vorbehalte einzugehen, die Wendland und Moormann bezüglich der mangelnden Wirtschaftlichkeit der Technologie nennen. Die entscheidende Kostenfrage übergeht er erneut.

Gas- statt Kernkraftwerke? Keine gute Idee!

In Kernkraftwerken sieht der Autor keine Alternative zu Braunkohlekraftwerken. Schließlich seien Kernkraftwerke ebenfalls zu träge, um ihre Leistung schnell hoch- und herunterzuregeln und so die Schwankungen der Wind- und Solarenergie auszugleichen. Weil beide Kraftwerkstypen sehr ähnlich rund um die Uhr Strom erzeugen, könnten Kernkraftwerke die Braunkohle nahezu 1:1 ersetzen. Warum Pomrehn dann aber den CO2-intensiven Braunkohlekraftwerken vor den CO2-armen Kernkraftwerken den Vorzug gibt, verrät er nicht.

Übrigens: Die deutschen Kernkraftwerke sind sehr wohl darauf ausgelegt, regelmäßig ihre Leistung hoch- und herunterzuregeln, und einige Anlagen tun das auch regelmäßig, wie Wendland und Moormann in ihrem ausführlichen Memorandum darlegen (Fußnote 5). In Frankreich ist ein solcher Lastfolgebetrieb bereits seit Langem üblich.

Beispielhafter Lastfolgebetrieb in Block 1 des französischen Kernkraftwerks Belleville. Quelle: Nuclear Power in a Clean Energy System. IEA, Paris, 2019

Atomgegner-Vorschläge steigern Treibhausgas-Emissionen

Statt die Braunkohle zu reduzieren, schlägt Wolfgang Pomrehn vor, die klimafreundlichen Kernkraftwerke durch flexiblere, aber CO2-intensiven Gaskraftwerke zu ersetzen. Dadurch käme es zu einem Anstieg der Emissionen, denn die Braunkohlekraftwerke mit ihren Emissionen blieben erhalten, und die Emissionen der Gaskraftwerke kämen hinzu.

Bei der von Moormann und Wendland vorgeschlagenen Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke wäre es genau andersherum: Die Emissionen der dann stillgelegten Braunkohlekraftwerke fielen weg, und es kämen auch keine neuen aus Gaskraftwerken hinzu.

Das gibt Pomrehn sogar selbst zu, allerdings spielt er die Auswirkungen auf das Klima herunter. Er behauptet, dass die von ihm berechneten +30 Millionen Tonnen CO2 nur 4 % der deutschen Emissionen ausmachten, viel weniger als die von Wendland und Moormann genannten 10 %. Hier jedoch ist Pomrehn ein Denkfehler unterlaufen: Er hat seine berechnete Emissionssteigerung von 4 % mit der Emissionssenkung um 10 % nach Wendland und Moormann verglichen.

EnergieträgerÄnderung der Treibhausgas-Emissionen nach Wendland und MoormannÄnderung der Treibhausgas-Emissionen nach Pomrehn
Kernenergie00
Braunkohle-10 %0
Erdgas0+4 %
Gesamt-10 %+4 %

Das Problem der Methan-Leckagen bei Erdgas-Förderung und -Transport erkennt Pomrehn an, meint aber, dieses sei in Russland weniger gravierend sei als beim Fracking in den USA. Einen Beleg für diese Behauptung kann er allerdings nicht nennen. Tatsächlich gibt es jedoch Anhaltspunkte dafür, dass es auch in Russland zu großen Methan-Leckagen kommt. Eine Studie schätzt die Methan-Leckagerate der russischen Erdgasförderung auf 5–7 %, ein sehr schlechter Wert angesichts dessen, dass Methan rund 25-mal klimaschädlicher als CO2 ist.

Nuklear-erneuerbarer Klimaschutz

Zum Schluss betont Wolfgang Pomrehn, dass sich die zusätzlichen Emissionen der Gaskraftwerke durch einen weiteren Ausbau von Wind- und Solaranlagen vermeiden ließen. Doch das stimmt so nicht, denn Gas-, Braunkohle- oder Kernkraftwerke werden ja gerade zu den Zeiten benötigt, in denen Sonne und Wind nur wenig oder gar nichts liefern. Backup ist nötig, und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Doch CO2-frei sollte es sein! Dafür bleibt uns angesichts fehlender Groß- und Langzeitspeicher derzeit nur die Kernenergie.

Angesichts des geringen CO2-Budgets, das Deutschland für das Pariser Klimaziel noch bleibt, ist dies der Weg, den es einzuschlagen gilt.

Allen, die es ganz genau wissen wollen, beantworten wir noch eine wichtige technische Frage:

Wie beherrscht ein Kernkraftwerk einen Dampferzeuger-Heizrohrbruch?

Das Leck-vor-Bruch-Kriterium besagt, dass Brüche sich immer durch Leckagen und Lecks ankündigen. Diese wiederum würden sofort detektiert, denn dafür gibt es Aktivitätsmessstellen in den Frischdampfleitungen und in der Dampferzeuger-Abschlämmung, zwei mit dem Dampferzeuger verbundene Systeme auf der nicht radioaktiven Sekundärseite. Man kann also eingreifen, bevor ein Heizrohr tatsächlich bricht.

Die deutschen Anlagen beherrschen aber auch den Abriss eines ganzen oder mehrerer Heizrohre. Reißt ein einzelnes Heizrohr ab, fährt die Anlage den Störfall ohne jede radioaktive Freisetzung binnen weniger Minuten mit automatischen Maßnahmen ab.

Beim sehr seltenen, aber gleichwohl bei der Auslegung ebenfalls zu betrachtenden Fall eines Abriss mehrerer Heizrohre treten gegebenenfalls die Notkühlsysteme in Aktion, wenn nämlich durch den insgesamt größeren Leckquerschnitt zu viel Primärkühlmittel in den Sekundärkreis überträte und der Füllstand und Druck im Primärsystem schnell absinken würde.

Käme es unabhängig davon noch zum Notstromfall, was ein noch seltenerer Fall wäre, könnte es im Verlauf des Störfalls zum Ansprechen des Frischdampf-Sicherheitsventils im betroffenen Dampferzeuger kommen, was eine Freisetzung leicht radioaktiven Dampfes über Dach bedeuten würde.

Um dies zu verhindern, wird der Ansprechwert des Frischdampf-Sicherheitsventils im betroffenen Strang hochgesetzt.

Die immer gerne zitierte Behauptung des Atomgegner-Gutachters Renneberg, ein Dampferzeuger-Heizrohrbruch führe jenseits des Auslegungsfalls »Bruch eines Heizrohrs« geradewegs in den Super-GAU, ist also Unsinn.

Übrigens sind in Deutschland noch nie Heizrohrbrüche vorgekommen. In Neckarwestheim wurden die Schwächungen sogar noch vor der Entstehung von Lecks dingfest gemacht.

Anna Veronika Wendland

Quellen


Titelbild: Kernkraftwerk Neckarwestheim. Foto: Felix König, Wikimedia Commons


Martin Knipfer studiert Geoinformatik in München. Er war zuvor bei einem energiewirtschaftlichen Forschungsinstitut tätig.

Kategorien
Energiewende
Kernenergie
Klimaschutz
Politik
Adrianna Malinowski says:

Kernkraft ist ein Auslaufmodell
Das Jahr 2019 für die Kernenergie in der Welt

Baubeginn 5 Reaktoren
BUSHEHR-2 (915 MW(e), PWR, IRAN,ISL.REP) on 27 September
HINKLEY POINT C-2 (1630 MW(e), PWR, UK) on 12 December
KURSK 2-2 (1115 MW(e), PWR, RUSSIA) on 15 April
TAIPINGLING-1 (1116 MW(e), PWR, CHINA) on 26 December
ZHANGZHOU-1 (1126 MW(e), PWR, CHINA) on 16 October

Stilllegungen13 Reaktoren
BILIBINO-1 (11 MW(e), LWGR, RUSSIA) on 14 January
CHINSHAN-2 (604 MW(e), BWR, TAIWAN,CHINA) on 16 July
FUKUSHIMA-DAINI-1 (1067 MW(e), BWR, JAPAN) on 30 September
FUKUSHIMA-DAINI-2 (1067 MW(e), BWR, JAPAN) on 30 September
FUKUSHIMA-DAINI-3 (1067 MW(e), BWR, JAPAN) on 30 September
FUKUSHIMA-DAINI-4 (1067 MW(e), BWR, JAPAN) on 30 September
GENKAI-2 (529 MW(e), PWR, JAPAN) on 9 April
MUEHLEBERG (373 MW(e), BWR, SWITZERLAND) on 20 December
PHILIPPSBURG-2 (1402 MW(e), PWR, GERMANY) on 31 December
PILGRIM-1 (677 MW(e), BWR, USA) on 31 May
RINGHALS-2 (907 MW(e), PWR, SWEDEN) on 31 December
THREE MILE ISLAND-1 (819 MW(e), PWR, USA) on 20 September
WOLSONG-1 (661 MW(e), PHWR, KOREA,REP.OF) on 24 December

Fertigstellungen 6 Reaktoren
AKADEMIK LOMONOSOV-1 (32 MW(e), PWR, RUSSIA) on 19 December
AKADEMIK LOMONOSOV-2 (32 MW(e), PWR, RUSSIA) on 19 December
NOVOVORONEZH 2-2 (1114 MW(e), PWR, RUSSIA) on 1 May
SHIN-KORI-4 (1340 MW(e), PWR, KOREA,REP.OF) on 22 April
TAISHAN-2 (1660 MW(e), PWR, CHINA) on 23 June
YANGJIANG-6 (1000 MW(e), PWR, CHINA) on 29 June

Und 2020 bis heute sind bei der IAEA gelistet ?

Baubeginn 0 Reaktoren

Stilllegungen 3 Reaktoren
FESSENHEIM-1 (880 MW(e), PWR, FRANCE) on 22 February
FESSENHEIM-2 (880 MW(e), PWR, FRANCE) on 30 June
INDIAN POINT-2 (998 MW(e), PWR, USA) on 30 April

Fertigstellungen 0 Reaktoren

https://pris.iaea.org/PRIS/

Rainer Klute says:

Tja, dann wird es wohl höchste Zeit, bei Kernkraftneubauten kräftig Gas zu geben! Der Weltklimarat (IPCC) sieht jedenfalls eine Verdopplung bis Versechsfachung der Kernenergie bis 2050, um das 1,5-°C-Ziel zu erreichen.

beccon says:

>>CO2-armen Kernkraftwerke<<
Wo kommt das Kohlendioxid bei einem Kernkraftwerk her? Von der Atemluft des Bedienpersonals?

Rainer Klute says:

Das folgt aus einer Betrachtung des gesamten Lebenszyklus, also inkl. Bau der Anlage, Anreicherung des Urans, Rückbau usw. Aus ähnlichen Gründen sind auch Photovoltaik und Windkraft nicht CO2-frei, sondern »nur« CO2-arm. Photovoltaik emittiert übrigens viermal mehr CO2 pro kWh als Kernkraft. Bei Solar und Wind kommen die Emissionen der Backup-Kraftwerke hinzu, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht. Ist das Backup fossil, verhagelt es Solar und Wind die an sich gute CO2-Bilanz.

Archophob says:

Genau deswegen sollte man die im Bau CO2-intensiven Betonstrukturen so lange wie irgend möglich nutzen, was bei regelmäßig gewarteten KKW länger möglich ist als bei auf Verschleiß gefahrenen Windrädern.

beccon says:

Ich würde nicht auf den kulturmarxistischen Narrativ vom “Klimakollaps” referieren um die Kernenergie zu verteidigen. Atomstrom ist der günstigste und – gemessen an den Opfern pro Kilowattstunde – auch der sicherste. So würde ich das formulieren: es gibt eine helle, warme Welt der Freiheit und des Wohlstandes oder es ist dunkel und nicht geheizt und der Staat kümmert sich durch Austeilen von Almosen mit “Herz und Hand um die Menschen” arrgghhh.

Rafael Gniatkowski says:

Der taktische Winkelzug Kernenergie als Stütze der “erneuerbaren” verkaufen zu wollen ist verständlich. Leider auch durchschaubar. Aus dem simplen Grund, dass man bei einer Stromversorgung mit Kernenergiefokus – die 24/7 Co2-freien Strom liefert – die “erneuerbaren” überhaupt nicht braucht. Vielleicht mag das der Grund sein warum sich die Klimalobby, die mit den “erneuerbaren” Geldern bedient wird so vehement gegen wehrt. Danke für euren Einsatz.

Florian Ruckeisen says:

Ich sehe es weniger als “Winkelzug”, sondern vielmehr als einzig sinnvolle Kurskorrektur, mit der verhindert werden kann, dass die Energiewende völlig an ihren Zielen vorbei segelt.

Ich stimme aber zu, dass hier der Kernkonflikt liegt, der zwischen Atomkraft-Befürwortern und dem Erneuerbaren-Lager immer wieder zu Feindseligkeit führt, obwohl doch eigentlich beide am gleichen CO2-Strang ziehen: Für “deep decarbonization”, wie wir es bis 2050 anstreben wollen, benötigen die Erneuerbaren zwingend die Unterstützung von Atomkraft, die nur durch große zukünftige Fortschritte in der Speichertechnologie abgelöst werden könnte – aber Atomkraft benötigt nicht die Unterstützung von Erneuerbaren.

Auch wenn jede CO2-arm produzierte MWh gegenüber Kohle/Öl/Gas ein Gewinn ist, stellt ein Dammbruch bzgl. Atomausstieg letztlich die Vision der Energiewende grundsätzlich in Frage. Um einen bei den Grünen populären Begriff aufzugreifen: es stellt sich die “Systemfrage”. Das sorgt für empfindliche Reaktionen, wie man an den Wortmeldungen zu Moormann/Wendland aus dem Erneuerbaren-Lager sieht.

Die dort engagierten Menschen müssen sich aber letztlich fragen, was ihnen wichtiger ist: Reinheit der Ideologie, oder Resultate. Das Klima jedenfalls lässt sich von wohlmeinenden, aber schwachbrüstigen Lösungsversuchen nicht beeindrucken, und die Zeit läuft.

Florian Bluemm says:

Klar kann man das ideologisch betrachten, Systemfrage und so weiter.

Der Klimawandel interessiert sich aber nicht für Ideologien…