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Nachgerechnet: Ist der Super-GAU bezahlbar?

Bis zu 430 Mrd. Euro kostet ein Super-GAU laut FÖS-Studie.

Ein Super-GAU koste bis zu 430 Milliarden Euro und sei durch die bestehende Haftungs- und Deckungsvorsorge nicht abgedeckt, sagt eine kürzlich erschienene Studie. Selbst wenn die Summe stimmen sollte: Ist so etwas überhaupt bezahlbar? Eine Überschlagsrechnung zeigt: Ja, kein Problem.

Die Kernkraftwerke in Deutschlands Nachbarländern seien nicht ausreichend gegen die Kosten eines schweren nuklearen Unfalls versichert, behauptet eine kürzlich veröffentlichte Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS). Das im Auftrag des Ökoenergieanbieters Greenpeace Energy erstellte Papier nennt wahrscheinliche Kosten für einen Super-GAU (eigentlich: auslegungsüberschreitender Störfall) von 100 bis 430 Milliarden Euro. Die international vereinbarte Haftungs- und Deckungsvorsorge sei jedoch meist auf dreistellige Millionenbeträge begrenzt, ist im Blog von Greenpeace Energy zu lesen.

Wäre eine solche gigantische Schadenssumme im dreistelligen Milliardenbereich überhaupt versicherbar?

Wie realistisch sind die Annahmen der FÖS-Studie?

Bevor wir das nachrechnen, sollten wir eigentlich noch prüfen, ob die genannte Spanne von 100 bis 430 Milliarden Euro überhaupt realistisch ist. Aus der FÖS-Studie geht nicht wirklich hervor, wie sich diese Summe im einzelnen zusammengesetzt. Klar ist nur, daß es sich um Evakuierungskosten sowie um Sach- und Personenschäden handelt.

Laut FÖS-Studie muß je nach Art des Nuklearunglücks in bis zu 600 Kilometern Entfernung vom Unglücksort evakuiert werden. Wenn das stimmte, zöge das natürlich entsprechend hohe Evakuierungskosten nach sich. Aber daß diese Annahme realistisch und vernünftig ist, darf getrost bezweifelt werden. Zum Vergleich: Die Evakuierungszone in Fukushima reichte maximal 50 Kilometer weit. Auf die Evakuierung hätte Japan besser verzichten sollten, denn sie richtete mehr Schaden als Nutzen an. Die Menschen wurden durch die Evakuierungsmaßnahmen weit mehr in ihrer Gesundheit beeinträchtigt als es die Strahlung vermocht hätte. Ein signifikanter Anstieg der Krebszahlen durch das Nuklearunglück ist laut WHO und UNSCEAR nicht zu befürchten.

Ich will das Thema Wirkung ionisierender (»radioaktiver«) Strahlung an dieser Stelle gar nicht weiter vertiefen oder auf die Erkenntnisse der Strahlenbiologie aus den letzen 10 – 20 Jahre verweisen. Evakuierungsmaßnahmen Dutzende oder gar Hunderte von Kilometern vom Unglücksort entfernt erscheinen jedenfalls mehr als fragwürdig.

Gehen wir aber trotz der Fragwürdigkeit solcher Evakuierungen einfach mal von der Annahme aus, diese Evakuierungen seien nötig und der schlimmstmögliche Schaden betrüge tatsächlich 430 Milliarden Euro pro Super-GAU. Dann haben wir immerhin eine Abschätzung nach oben hin, nach dem Motto: Schlimmer geht’s nimmer – auch wenn eine eine geringere Schadenshöhe viel realistischer ist.

Wie oft gibt es einen Super-GAU?

Um zu wissen, ob die Kernkraftwerksbetreiber einen 430-Milliarden-Euro-Schaden schultern können oder nicht, müssen wir außerdem wissen, wie oft solch ein Schadensereignis eintritt. Die FÖS-Studie gibt immerhin zu, daß die Häufigkeit von nuklearen Katastrophen global abnimmt. Sie geht davon aus, eine Katastrophe mit dem Ausmaß von Fukushima oder größer trete mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent alle 60 bis 150 Jahre ein.

Damit aber auch die schwärzesten Schwarzmaler unter den Lesern dranbleiben, wähle ich auch hier einen weit pessimistischeren Ansatz. Ich rede hier nicht über die Sicherheitsfeatures moderner Reaktoren der Generation III+ oder gar über die inhärente Sicherheit der kommenden Reaktorgeneration IV, die radiologische Folgen außerhalb der Anlage praktisch unmöglich machen. Nein, für die nachfolgende Berechnung gehe ich bewußt von einer pessimistischen Annahme aus. Die hat zwar mit der Realität nicht unbedingt viel zu tun, setzt aber – ähnlich wie die angenommene Schadenshöhe von 430 Milliarden Euro – eine klare Grenze nach oben.

Bislang gab es zwei schwere Nuklearunfälle mit einer Einstufung von 7 auf der INES-Skala, nämlich Tschernobyl im Jahr 1986 und Fukushima-Daiichi in 2011. Ursachen waren zwar in beiden Fällen klare Auslegungsfehler, nämlich ein falsch designter Reaktortyp (Tschernobyl) und eine falsche Standortwahl (Fukushima), und diese Fehler werden sich mit Sicherheit nirgendwo wiederholen, aber sei’s drum. Zwischen beiden Unfällen lagen 25 Jahre, und daher rechnen wir nun so, als ob es alle 25 Jahre zu einem Super-GAU käme – und zwar zu einem, der sich nicht auf das Kernkraftwerk selbst beschränkt, sondern mit weiträumiger Freisetzung radioaktiver Stoffe.

Wieviel teurer muß die Kilowattstunde sein?

Wir treffen also zwei ganz bewußt pessimistische Annahmen:

  • Die maximale Schadenshöhe beträgt 430 Milliarden Euro.
  • Der Schaden tritt alle 25 Jahre ein.

Die Kernkraftwerksbetreiber in aller Welt müssten also alle 25 Jahre 430 Milliarden Euro zurücklegen, um den Schaden begleichen zu können – oder 17,2 Milliarden Euro pro Jahr.

Um dieses zusätzliche Geld aufzubringen, müßten die Kraftwerke ihren Strom entsprechend teurer verkaufen. Doch wieviel würde das ausmachen? Wie hoch müßte der Aufpreis für eine Kilowattstunde (kWh) sein? Wäre Strom aus Kernenergie damit noch wettbewerbsfähig?

Um das auszurechnen, teilen wir den Betrag von 17,2 Milliarden Euro durch die Anzahl der Kilowattstunden, die die Kernkraftwerke weltweit innerhalb eines Jahres produzieren. Wieviele kWh sind das? Das kann man in der PRIS-Datenbank der IAEA nachschlagen. Demnach produzierten die Kernkraftwerke im Jahr 2016 insgesamt 2.476,22 Terawattstunden (TWh) Strom. Das entspricht 2.476.220.000.000 Kilowattstunden und ist ein mittlerer Wert, den wir gut für unsere Rechnung verwenden können.

Foto: Eurocent-Münzen

So, damit haben wir alles, was wir für die Berechnung brauchen. 17.200.000.000 Euro geteilt durch 2.476.220.000.000 Kilowattstunden, das ergibt gerade mal einen Aufpreis von 0,0069 Euro oder 0,69 Cent pro Kilowattstunde – ein Kleckerbetrag! Und setzt man anstelle der 25 Jahre die in der FÖS-Studie genannten 60 oder 150 Jahre ein, sind es sogar nur 0,29 ¢/kWh beziehungsweise 0,12 ¢/kWh.

Bezahlbarer Versicherungsschutz ist möglich

Wir sehen: Heruntergebrochen auf die Kilowattstunde verliert die Riesensumme von 430 Milliarden Euro ihren Schrecken und wird zu einem Betrag, der sich ohne Schwierigkeiten stemmen läßt.

Ein bezahlbarer Versicherungsschutz, der auch sehr hohe Schäden abdeckt, sei jedenfalls leicht möglich, sagt Mark Tetley, Managing Director beim Lloyd’s-Broker Price Forbes & Partners. Er sieht die Versicherer in der Pflicht, entsprechende Produkte zu entwickeln: »Ich bin davon überzeugt, daß die Versicherer mehr tun könnten. Wir könnten der Nuklearindustrie eine wesentlich höhere finanzielle Unterstützung zu günstigen Konditionen bieten, die Kostenlast reduzieren, die heute auf Regierungen und Steuerzahlern liegt, und das Image der Nuklearindustrie verbessern.«

Quellen


Dieser Beitrag erschien zuerst im Blog des Autors.


11 Antworten

  1. Wunderbarer Beitrag!

    Wenn man bedenkt, dass über die Hälfte des deutschen Strompreises nur aus staatlichen Abgaben besteht, kann Deutschland die Summe schon jetzt problemlos selbst aufbringen. Für die ganze Welt wohlgemerkt.

    Allein die EEG-Abgaben liegen jenseits der €20 Mrd. Jährlich! Diese Summe mal 25 Jahre ergibt ziemlich genau die Phantasiezahl aus dem Beitrag. Und wir sprechen hier von weltweiten Kosten (laut dieser „Studie“), die allein von Deutschland finanziert würden, ohne dass sich irgendwo auf der Welt der Strompreises auch nur ein Fitzelchen erhöhen würde.

  2. „Gesunde“ Angst, die den Ratio zur Vorsicht mahnt, senkt bekanntlich seit Urzeiten die Risiken des Handelns. – Missbräuchlich „erzeugte“ Angst, verleitet dagegen ebenso zu unsinnigem Handeln, wie fehlende Angst. – Einmal gepflanzte Angst – z. B. vor Hölle und Fegefeuer – ist stabil, weil Information zur Sache fehlt und der Tod jeden ereilt. Gilt auch für Kernenergie, Klimawandel u. a. m.
    Dagegen werden reale Risiken des täglichen Lebens mühelos verdrängt, weil doch die perönliche Erfahrung zeigt, dass es meist andere trifft:
    https://de.scribd.com/doc/313025202/Das-Risiko-Der-Kernenergie-Ist-Deutsch
    Auch bei der Nutzung der Kernenergie trifft jeder reale Schaden (auch der durch Unfälle) immer primär den Eigner der Anlage, der daher alles Menschen Mögliche tut, um seine nützliche Investition nicht zu verlieren.

  3. Die Rechnung ist zwar korrekt und auch realistisch, hilft aber leider nicht weiter. Jede Art denkbarer Evakuierungsszenarien, die über die Grenze der Kraftwerksumzäunung hinaus gehen, sind in einer Demokratie nicht mehrheitsfähig und damit werden derartige Kraftwerke real in unserem demokratisch verfassten Land niemals akzeptiert.
    Erst der Nachweis der inhärenten Sicherheit der kommenden Reaktorgeneration IV, die radiologische Folgen außerhalb der Anlage praktisch unmöglich macht, könnte bei einhergehender Stromknappheit und unbezahlbar anwachsenden Stromerzeugungskosten, sowie dem realisierten Vorbild in vielen Ländern außerhalb Deutschlands, zu einem Umdenken der Medien und dann im Schlepptau auch der Politik und danach im Hause Siemens u.a. führen. Man beachte die Reihenfolge der notwendigen Umdenkprozesse, das geht nur über Generationen. Der von unserer Generation eingeschlagene Irrweg erfordert einen immer länger werdenden Rückmarsch unserer Kinder, das ist das Schicksal aller Deutschen, vielleicht zur verspäteten Abtragung der Schuld am Holocaust der 33/45er zu Lasten der noch kommenden Generationen.

    1. Leider wahr! Was die Überzeugungskraft inhärent sicherer Reaktoren betrifft, bin ich gar nicht mal so sicher, daß Generation IV ein Umdenken bewirkt. Die Rückwende hin zur Kernenergie wird über das Gefühl kommen, ausgelöst z.B. durch die drastische Erfahrung von Stromabschaltungen und/oder weiteren deutlichen Strompreissteigerungen. Rationale Argumente wie inhärente Sicherheit werden dann dabei helfen, diesen Schritt tatsächlich zu gehen. Aber klar, das alles geht nicht von heute auf morgen, weswegen wir einen langen Atem brauchen. Dies ist ein Marathon, kein Sprint.

      1. Der diesbezügliche Kognitionspsychologische Zusammenhang bezeichnet man als Dunning-Kruger Syndrom und stellt eine durchaus praktisch lösbare Kognitive Verzerrung dar.
        http://blog.drosteeffekt.de/dunning-kruger-effekt-so-lasst-sich-inkompetenz-bandigen/

        Leider wird sich durch eine sachgemäß kompetent aufgeklärte Bevölkerung, nicht allzu viel an einer ingesamt ökonomisch inkompetenten Wirtschaftspolitik ändern lassen. Da Politiker generell von der Richtigkeit ihres handelns positivistisch überzeugt sind, stellt sich bei diesen eher der Dunning-Kruger Effekt ein. Siehe z.b. das Gesamtwirtschaftliche Paradoxon des Europäischen Fiskalpaktes.
        https://de.wikipedia.org/wiki/Dunning-Kruger-Effekt
        https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ischer_Fiskalpakt

        mfg

    2. Aus meiner Sicht gilt für Deutschland folgender Sachverhalt:
      1. Indizien für einen signifikant wachsenden Strombedarf gibt es gegenwärtig nicht.
      2. Wenn 92 GW sog. „Erneuerbare“ (hoffentlich schnell) verschrottet werden, erhöht sich die Zuverlässigkeit der Stromversorgung und die Stromkosten sinken dramatisch.
      3. Grundlage der Stromversorgung sind und bleiben (unabhängig von politischen Eskapaden noch genutzte) Kernenergie und/oder Braunkohle ergänzt durch Importsteinkohle, Erdgas und Wasser.
      4. Der Ausstieg aus Forschung, Industrie und Infrastruktur der Nutzung von Kernenergie ist leider vollzogen.
      Fazit: Wesentliche Voraussetzung für eine „Renaissance“ in Deutschland ist der Bedarf für neue Kraftwerke, ohne die auch ein Export der Technik nicht möglich ist.

  4. Aussage war schon jahrelang absehbar, wie in unserem Politthriller ‚DIE GERMAN ANGST‘, erschienen im bookshouse verlag, romanhaft dargestellt.
    Helmut Fuchs

  5. „Wir treffen also zwei ganz bewußt pessimistische Annahmen:

    Die maximale Schadenshöhe beträgt 430 Milliarden Euro.
    Der Schaden tritt alle 25 Jahre ein.

    was daran ist jetzt bitte Pessimistisch? doch wohl eher REAL?

    1. »Pessimistisch« bedeutet in diesem Zusammenhang: von der Schadenshöhe her am oberen Ende der von der FÖS-Studie genannten Spanne, von der Schadensfrequenz her der zeitliche Abstand zwischen den beiden INES-7-Ereignissen Tschernobyl und Fukushima.

      Ein Schadensverlauf wie in Tschernobyl ist grundsätzlich ohnehin nur bei RBMK-Reaktoren möglich. Man mag es bedauern, daß davon immer noch 11 Anlagen am Netz sind (alle in Rußland), aber die wurden immerhin technisch nachgerüstet. Wenn die Anti-Atomkraftbewegung der Welt etwas Gutes tun will, dann sollte sie gegen diese Reaktoren demonstrieren, statt alles, was »Atom« heißt, in einen Topf zu werfen und undifferenziert »Dagegen!« zu sein! Allerdings glaube ich, daß sehr viele Kernkraftgegner zur Differenzierung weder bereit noch – dank jahrzehntelanger Indoktrinierung – dazu in der Lage sind.

      Ein Schadensverlauf wie in Fukushima ist ebenfalls erheblich unwahrscheinlicher geworden, da Kernkraftwerksbetreiber weltweit ihre Anlagen gegen extreme Naturereignisse nachrüsten oder nachgerüstet haben.

      Die in der FÖS-Studie angenommenen hohen Schadenskosten basieren vor allem auf der Prämisse, man müsse im Fall eines Super-GAUs Millionen von Menschen evakuieren, um sie vor Strahlenschäden zu bewahren. Das ist allerdings nicht der Fall. Wie man aus der modernen Strahlenbiologie weiß, sind Strahlendosen unter 100 mSv/a (Millisievert pro Jahr) unbedenklich. Man brauchte also nur sehr viel weniger Menschen als angenommen zu evakuieren – wenn überhaupt. Das entzöge der Kostenschätzung natürlich die Grundlage. Zum Vergleich: Sogar in den ersten Monaten nach dem Fukushima-Unglück erreichte die Strahlenexposition der Bevölkerung bei weitem nicht die genannte Größenordnung. Die Evakuierung der Sperrzone hat sehr viel mehr Schaden als Nutzen angerichtet.

  6. Zitat: „Leider wahr! Was die Überzeugungskraft inhärent sicherer Reaktoren betrifft, bin ich gar nicht mal so sicher, daß Generation IV ein Umdenken bewirkt. Die Rückwende hin zur Kernenergie wird über das Gefühl kommen, ausgelöst z.B. durch die drastische Erfahrung von Stromabschaltungen und/oder weiteren deutlichen Strompreissteigerungen.“

    Ja und nein.Zumindest wenn ich mich selber nehme: Spätestens seit den nicht vorhergesehenden Ereignissen in Fukushima kann ich keiner Bekundung mehr glauben, dass die aktuell betriebenen Kernkraftwerke „sicher“ sind. Solange in einer Konstruktion der Brennstoff im Störfall aktiv gekühlt werden muss ist ihr einfach nicht zu trauen. Das *ist* in der Tat natürlich zum Teil auch emotional bedingt. Subjektiv ist die Auswirkung das Risiko einfach nicht wert. Es ist dabei nahezu unerheblich, ob es sich um einen RBMK- oder einen Konvoi-Reaktor handelt. Und – nebenbei – würde ich die 3 (der 4te war ja gerade nicht bestückt) durchgebrannten Reaktoren von Fukushima auch als 3 „Ereignisse“ in ihrer Rechnung betrachten.
    Bei einer solchen „Gefühlssteuerung“ ist es jedenfalls weniger wichtig, ob es nach Abschaltung der verbliebenen unsicheren Kernkraftwerke wegen einer Fehl- bzw. nicht vorhandenen Planung von künftigen Kraftwerkspark und Netz Stromausfälle geben wird. Dann wird es eben doch Zeit für eine eigentlich unsinnige Photovoltaikanlage und ein großes Notstromagregat.
    Ein Kernkraftwerkskonzept, dass sehr viel sicherer ist (theoretisch kann natürlich immer noch ein Meteor drauffallen, eine Erdspalte sich auftun oder es im Krieg oder Terrorfall zerstört werden), das obendrein eventuell das Atommüllproblem verkleinert und selbst die Kern*spaltung* (im Vergleich zur irgendwann vielleicht verfügbaren Kernfusion) zu einer faktisch unerschöpflichen Energiequelle macht, spricht aber sehr wohl das „Gefühl“ an. Und zwar im positiven Sinne. Es stellt einen Hoffnungsschimmer selbst für der aktuellen Nutzung der Kernkraft in Form von Waffen und unsicheren, für 100.000de Jahre problematischen Endprodukten erzeugenden Kraftwerken extrem ablehnend gegenüberstehenden Menschen dar.

    Sie ahnen es ja selber: Es macht für Kernkraftbefürworter „politisch“ wenig Sinn, den Skeptikern volkswirtschaftlich vorzurechnen, dass ein Supergau (scheinbar) bezahlbar ist. Warum nicht besser – sogar aus ihrer eigenen Perspektive – alles daran setzen, tatsächlich den Prototyp eines sauberen und sicheren Kernkraftwerkes zu bauen statt ständig die Problemreaktoren zu verteidigen?!

  7. Ob man persönlich eine Evakuierung von dutzenden und mehr Kilometer Radius als fragwürdig ansieht, ist für eine Kalkulation zweitrangig. Man muss von dem ausgehen, was gängige Praxis ist. Bei einem GAU natürlich schwer zu sagen, weil es dank der bisher wenigen Fälle keinen Normalfall gibt. Aber nach gängigen Kriterien und Grenzwerten wird es auf eine Evakuierung hinauslaufen. Und eines sollte auch klar sein, selbst ohne Evakuierung wäre eine Region um ein explodiertes Kernkraftwerk praktisch tot. Wirtschaftlich tot, infrastrukturell tot, kulturell tot. Diejenigen die mobil sind und es sich leisten können, werden wegziehen, Firmen ihren Standort verlagern, Dienstleistungen verschwinden, Lebensqualität sinken. Es ist nicht immer leicht, sowas in Zahlen auszudrücken, aber ich glaube, dass das in vielen Kalkulationen oft nicht enthalten ist. wie viel hat beispielsweise der Niedergang der Industrie in der DDR nach der Wende gekostet samt Wegzug Millionen von jungen Menschen?

    „Die Kernkraftwerksbetreiber in aller Welt müssten also alle 25 Jahre 430 Milliarden Euro zurücklegen, um den Schaden begleichen zu können – oder 17,2 Milliarden Euro pro Jahr.“

    Unter der Voraussetzung, dass in den 25 Jahren maximal nur ein Reaktor in die Luft geht und nicht zwei. Eine Versicherung kann aber für die eigene Kalkulation nicht vom Durchschnittsfall ausgehen. Nur mal ein kleines Beispiel, angenommen die Wahrscheinlichkeit das im Jahr ein solcher Unfall weltweit passiert, liegt bei 4%. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass in einem Zeitraum von 25 Jahren mehr als 1 Unfall passiert? 26,4%. Und mindestens dreimal? 7,6%. Eine solche Versicherung sollte für einen 25 Jahres-Zeitraum nicht einen GAU sondern mindestens drei abdecken und wir kommen auf Deckungsbeiträge von bald einer Billion Euro.

    Okay, nun sagt die Überschlagsrechnung im Artikel, dass sich der Strom nur um 0,69 Cent verteuern würde und schlussfolgert daraus, dass der Versicherungsschutz möglich ist. Nun frage ich mich aber, wenn das alles angeblich bezahlbar ist, wieso macht man es nicht? Bei der hier dargebotenen Sicherheit der Technologie müsste sich doch ein Versicherer finden lassen, der sich dieses Geschäft nicht entgehen lässt. Leicht verdientes Geld mit riesigen Versicherungspolicen für die Versicherungsbranche, sollte man meinen, oder? Und zum anderen, 0.69 Cent pro kWh klingt wenig. Aber in Bezug auf die Gestehungskosten alter KKW ist das nicht wenig. Schon heute müssen sich Konzerne fragen, lohnt es sich ein altes KKW ein weiteres Jahr zu betreiben oder sind die Nebenkosten für Reparaturen, neuen Sicherheitsauflagen und jetzt auch für eine Super-GAU-Versicherung einfach zu hoch. Man darf auch nicht vergessen, KKW stehen auch in Konkurrenz zu Kohle- und Gas-Kraftwerken. In Anbetracht dessen, dass wir in Mitteleuropa ausgesprochen alte Anlagen am Netz haben, könnte eine derartige Versicherung der schnellere Ausstieg aus der Kernkraft bedeuten. 🙂

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