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FÖS-Studie über hohe gesellschaftliche Kernkraft-Kosten ist Junk Science

Im Auftrag von Greenpeace Energy hat das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) die Gesamtkosten der deutschen Kernenergie berechnet – und kommt auf den schwindelerregenden Betrag von einer Billion Euro. Dr. Björn Peters, Physiker, Experte für Kraftwerksfinanzierung und Nuklearia-Mitglied, hat zusammen mit Hans-Peter Musahl, Rechtsanwalt und Steuerberater, die Zahlen auf Herz und Nieren geprüft. Ihr Ergebnis ist jetzt als Fachaufsatz in der Zeitschrift atw erschienen. Fazit: Das FÖS-Papier zeigt einmal mehr, dass es manchen Akteuren nur darum geht, die Kernkraft mit den erstaunlichsten Kniffen teuer zu rechnen.

Zunächst irritiert an der Studie des FÖS, dass das Institut selbst nur zehn Jahre zuvor die gesellschaftlichen Kosten der Kernenergie mit 150 Milliarden Euro beziffert hatte, also wesentlich geringer als jetzt. Doch bereits das Ergebnis von 2010 kam laut Peters und Musahl nur durch grobe Fouls zustande.

Niemand muss Rückstellungen versteuern

So behauptet das FÖS beispielsweise, dass dem Steuerzahler jahrzehntelang Einnahmen entgangen seien – durch das Nicht-Besteuern des Kapitals, das die Kraftwerksbetreiber für den Rückbau ihrer Anlagen zurückgestellt hatten. Das ist grotesk, denn: Jedes Unternehmen, unabhängig davon, ob es Kernkraftwerke, Windkraft- oder sonstige Anlagen betreibt, ist gesetzlich verpflichtet, selbst für den Rückbau zu sorgen und dafür Rückstellungen zu bilden. Diese Rückstellungen sind bilanziell grundsätzlich Schulden und müssen daher nicht versteuert werden – von niemandem. Warum das FÖS trotzdem glaubt, die Betreiber von Kernkraftwerken müssten hier eine Ausnahme bilden, bleibt sein Geheimnis. Jedenfalls konstruiert es an dieser Stelle Kosten in Form entgangener Einnahmen von 68 Milliarden Euro – aus dem blanken Nichts.

Mythos: »Kernkraftwerke sind nicht versicherbar«

Was aber hat nun die vom FÖS genannten Kosten innerhalb von 10 Jahren von 150 Milliarden auf eine Billion Euro hochgetrieben? Größtenteils geht dies auf einen Trick zurück, der die fiktiven Kosten von Atomunfällen abbilden soll. Die Autoren behaupten willkürlich eine Schadenssumme von 348 bis 533 Milliarden Euro, die durch Versicherungen nicht gedeckt sei. Im Schadensfall müsse daher die Gesellschaft für diese Summe haften. Das ist grob irreführend, denn dieser Betrag würde gleich mehrere Tschernobyl­-Ereignisse abdecken. Tatsächlich können diese in deutschen Kernkraftwerken bauartbedingt aber gar nicht auftreten. Das Schlimmste, was bei uns – mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit – passieren könnte, ist eine Kernschmelze mit Zerstörung des Reaktorkerns. Radioaktivität in nennenswerten Mengen würde aber dank des Containments gar nicht austreten.

Selbstverständlich sind und waren alle deutschen Kernkraftwerke jederzeit versichert. Die Betreiber müssen alle technisch denkbaren Schäden versichern. Sie brauchen aber keine hypothetischen Schäden zu versichern, die irgendjemand behauptet, die aber physikalisch und technisch gar nicht möglich sind. Die Versicherungsprämien liegen daher im niedrigen zweistelligen Millionenbereich je Kraftwerk und Jahr. Sie sind im Strompreis enthalten.

Kernkraft hat einen hohen gesellschaftlichen Nutzen

Der Versicherungs- und der Rückstellungstrick stehen exemplarisch dafür, wie das FÖS denkt und rechnet. Grundkenntnisse der Volks-­ und Betriebswirtschaftslehre, des Steuerrechts, der Umweltökonomie, der Energiewirtschaft und der Kerntechnik werden über Bord geworfen, wenn es dem höheren Zweck dient, die Kernkraft möglichst teuer und nutzlos erscheinen zu lassen.

Apropos höherer Zweck: Den Nutzen der Kernenergie erwähnt das FÖS natürlich nicht. Denn wäre unser Atomstrom von den 1950er Jahren bis heute durch Kohle erzeugt worden, hätte es dadurch in Deutschland ca. 137.000 vorzeitige Todesfälle durch Luftverschmutzung gegeben.

Kernkraft hat viele Jahrzehnte lang viele Millionen Tonnen Luftschadstoffe, CO₂ und die damit verbundenen Kosten eingespart. Zugleich hat sie die durchschnittlichen Börsenpreise für Strom gedrückt. Diese Vorteile kann man, wenn man will, auch in Geld umrechnen: Der gesellschaftliche Nutzen der Kernenergie liegt im hohen dreistelligen Milliardenbereich, nämlich zwischen 400 und 800 Milliarden Euro.

Quellen

Über die Nuklearia

Nuklearia

Der Nuklearia e.V. ist ein gemeinnütziger, industrie- und parteiunabhängiger Verein zur Förderung der Kernenergie. Wir sehen in der Kernenergie eine wesentliche Säule der Energieversorgung. Fortschrittliche Reaktoren arbeiten sicher, sauber und nachhaltig. Atommüll lässt sich in Schnellen Reaktoren als Brennstoff nutzen.

Anders als erneuerbare Energien steht Kernenergie jederzeit in ausreichender Menge zur Verfügung und verbraucht keine großen Landflächen. Im Unterschied zu Kohle oder Gas ist Kernenergie CO₂-arm und vermeidet Luftverschmutzung.

Kenntnisse über Kernenergie sind in Deutschland rar geworden. Das wollen wir ändern.

3 Antworten

  1. Wenn unsere Politiker wie z.B. „Lehrer“ Sigmar Gabriel auch noch verkündet, „Die Kernkraftwerke könne man abschalten, diese seien schon abgeschrieben!“
    Dann weiß der Bürger, warum die Kernkraftwerke auch vor deren ausgelegten Betriebslaufzeiten „abschaltet“ werden können?
    Dass jedoch erst nach der Abschreibung der volle Gewinn erst die Steuerkassen füllen, ist ihm ganz offensichtlich nicht klar. Der nach der „Abschreibung“ erzielte Gewinn ist für die Steuererhebung und für den Staat höher!!!
    Abgesehen davon konnten in der verkürzten Restlaufzeit keine Rücklagen für den Rückbau mehr gebildet werden. Dies gilt umso mehr für die KKWs, welche noch kaum oder keine Energie produziert haben.
    Diese Kosten fallen komplett so oder so auf den Verbraucher zur Last.
    Nicht umsonst hat Deutschland, dank seiner Ideologie- Politiker, die weltweit höchsten Strompreise zur langsamen Vernichtung seiner Industrie!!!
    Ich selbst sehe die Kernenergie, neben den fossilen und auch der sog. erneuerbaren Energien incl. Bio- Müll (Ohne Steuer- Subventionen) als unausweichliche Ergänzung der großtechnischen Zukunft und Weiterentwicklung und bedarfsgerechter der Versorgung mit elektrischer Energie für uns und unserer Völker Zukunft, als unausweichlich.
    Von Dipl.-Ing. (FH) MB, SF.- Ing. EWF; ehem. KWW Inbetriebnehmer.

  2. Abgesehen davon, dass mir fiktive Todeszahlen und dubiose Modelle, wie diese zu rechnen seien, in keinem Fall seriös erscheinen – weder von Freund, noch von Feind – , ist die Grundtendenz des Artikels völlig korrekt. Die Risiken der Kernkraft sind beherrschbar. Die Schäden bei den existierenden Katastrophen der Vergangenheit werden aus ideologischen Gründen aufgeblasen. Mit einer völlig irrationalen Atomangst, die die Menschen wirklich krank machen.

    Zum Thema Abschreibung: Diese bezieht sich auf den steuerlichen oder betriebswirtschaftlichen Buchwert. Der ist mit dem Realwert selbstverständlich nicht zu verwechseln. Ein abgeschriebenes Gebäude verliert doch keineswegs seinen Wert, wenn lediglich die Regeln der Buchführung beachtet werden. Werden dann die vorhandenen Werte vernichtet, ist es in jedem Fall der volkswirtschaftliche Verlust des realen Wertes. Die aktuell gezahlten Entschädigungen an die ehemaligen Betreiber (2,4 Mrd. €) sind dabei vermutlich noch viel zu gering angesetzt. Die entgangenen Steuereinnahmen, die Existenz der Arbeitsplätze u.v.m. sind darin nicht enthalten..

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