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Warum Linke die Kernenergie so sehr hassen

Die meisten Linken sind gegen Kernenergie. Warum eigentlich? Der US-Ökomodernist Michael Shellenberger erklärt das so: Wenn man energie-hochintensive Systeme der Stromerzeugung wie die Kernenergie nutzt, kann man in einer kapitalistischen Wachstums- und Industriegesellschaft leben, ohne auf Umweltschutz verzichten zu müssen.

Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Man kann dann nicht mehr den Umweltschutz ins Feld führen, um die Abschaffung des Kapitalismus zu fordern. Das sei nämlich die tatsächliche Agenda linker Klimapolitik und Erneuerbaren-Euphorie.

Wir möchten Shellenbergers bei Forbes publizierten Text hier in deutscher Fassung zur Diskussion stellen, auch wenn wir nicht unbedingt in jedem Punkt der Auffassung des Verfassers folgen.

Es gibt unserer Beobachtung nach weitere Gründe für den Niedergang der Kernenergie und für ihre Tabuisierung im progressiven Lager, welche die Nuklearindustrien mit verschuldet haben.

So haben sich die Betreiber zu früh auf wenige wirtschaftlich vielversprechende Reaktorlinien festgelegt, was zu einer Entwicklungsverzögerung inhärent sicherer Baulinien führte und viele Potenziale der Kernenergie jenseits der reinen Stromerzeugung links liegenließ. Das erleichterte es den Gegnern, Kernenergie als gefährlich und überdies leicht ersetzbar darzustellen.

Zudem hat man lange die Sprengkraft des Entsorgungsproblems unterschätzt; auch das wurde zur argumentativen Waffe in der Hand der Atomgegner.

Schließlich – das trifft vor allem auf Deutschland zu – haben die kerntechnischen Eliten in Wissenschaft und Energiewirtschaft zu lange darauf vertraut, dass die Regierung schon ihre schützende Hand über die Kernenergie halten werde. Daher stellten gerade die Wissensträger die Kommunikation mit Kritikern und Bürgern weitgehend ein. In dieses Vakuum stießen die linke Atomstaatskritik und die emotionsgeladenen Angstkampagnen, ohne auf nennenswerten, intellektuell geschärften Widerstand zu treffen.

Genau dieser Widerstand formiert sich gegenwärtig jedoch wieder in Gestalt einer pro-nuklearen progressiven Bewegung. Wir möchten einen Beitrag dazu leisten. 

Dr. Anna Veronika Wendland, Rainer Klute

Es sind Progressive und Sozialisten, die von den USA und Kanada bis Spanien und Frankreich Kernkraftwerke stilllegen wollen. Sie sagen von sich selbst, dass sie zutiefst um das Klima besorgt seien. Warum wollen ausgerechnet sie Kernkraftwerke schließen – und nicht etwa die konservativen Klima-Skeptiker?

Die größten Erfolge bei der Kernenergie haben ja gerade Schweden und Frankreich zu verzeichnen, zwei Nationen, die von Sozialdemokraten und Sozialisten jahrzehntelang als Vorbild einer gewünschten Gesellschaftsform gehandelt wurden.

Nur die Kernenergie, nicht etwa Solar und Wind, hat die Energieversorgung radikal und schnell dekarbonisiert, zugleich für steigende Einkommen gesorgt und den Wohlstand der Gesellschaft vermehrt.

Und nur die Kernenergie hat auch den Verkehr dekarbonisiert, nämlich durch den Antrieb von Hochgeschwindigkeitszügen, etwa in Frankreich, Japan oder China. Der Verkehrssektor trägt etwa ein Drittel zu den von der Menschheit insgesamt verursachten Emissionen bei.

Warum also aus der Kernenergie aussteigen? Bei vielen Menschen liegt die Antwort auf der Hand: Unkenntnis. Nur wenige wissen, dass Kernenergie die sicherste aller Energiequellen ist. Oder dass niedrige Strahlendosen harmlos sind. Oder dass Atommüll die beste Abfallart von allen ist.

Kernenergie: die sicherste aller Energiequellen

Dieser Auffassung stimme ich weitgehend zu. Um weit verbreiteten Ängsten und der Unwissenheit zu begegnen, haben meine Kollegen und ich „The Complete Case for Nuclear“ (»Eine umfassende Argumentation für die Kernenergie«) erstellt, wo wir die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammenfassen.

Aber Unwissenheit kann nicht alles erklären. Schließlich sind die führenden Vertreter der Anti-Atombewegung in den USA öffentlich bekannte Intellektuelle – Al Gore, Bill McKibben, Naomi Klein. Sie sind hochgebildet, forschen gründlich und veröffentlichen in seriösen Publikationen wie The New Yorker, The Nation und The New York Times.

Besteht das Problem etwa darin, dass Progressive die Kernenergie bewusst oder unbewusst immer wieder mit Atombomben in Verbindung bringen? Ja, das ist zweifellos ein wichtiger Faktor. Psychologen dokumentieren seit den siebziger Jahren, wie Menschen ihre Angst vor der Atombombe auf Kernkraftwerke übertragen.

Aber Anti-Atom-Millennials wie Alexandria Ocasio-Cortez, 29, sind eher in Angst vor dem Klimawandel aufgewachsen als in Atomangst.

Und nur wenig hat sich als schlimmer für das Klima erwiesen als die Stilllegung von Kernkraftwerken.

Der Reiz der Erneuerbaren

In Meinungsforschungen geben die meisten Befragten an, erneuerbare Energien zu bevorzugen. Und zwar aus demselben Grund, aus dem sie auch Bio-Produkte kaufen: Dahinter steckt ein sich auf die Natur berufender Irrtum.

Der Trugschluss besteht darin, die Welt in »natürliche« und »unnatürliche« Dinge einzuteilen. »Natürliches« scheint besser, sicherer oder sauberer zu sein als »Unnatürliches«.

Tatsächlich aber benötigen Solarkraftwerke hundertmal mehr Landfläche als Kernkraftwerke und die zehnfache Menge an Rohstoffen. Und sie erzeugen hundertmal so viel Abfall.

Windparks töten Hunderttausende gefährdete Vögel bedrohter Arten und tragen zur Ausrottung der Fledermäuse bei. Sie führen sogar zum Tod von mehr Menschen, als es Kernkraftwerke tun.

Aber weil Sonnenschein, Wasser und Wind uns ein gutes Gefühl vermitteln und weil wir sie aus irgendeinem Grund für natürlicher halten als Uran, gehen wir unbewusst davon aus, dass erneuerbare Energien besser für die Umwelt seien.

Andererseits wissen Investoren und Befürworter erneuerbarer Energien sehr wohl, dass Solar- und Windparks enorme Umweltauswirkungen haben. Leute wie Gore, McKibben, Klein oder die Verantwortlichen von Sierra Club und NRDC müssen sich Tag für Tag mit öffentlicher Kritik auseinandersetzen.

Googeln Sie mal ein paar Minuten, und Sie werden auf einen weit verbreiteten Widerstand an der Basis gegen Solar- und Windparks stoßen. Es ist genau die Art von Widerstand, die Gore, McKibben und Klein toll finden – aber nur dann, wenn dieser Widerstand gegen Kernkraftwerke und fossile Energien geht.

Nehmen wir einmal den Widerstand gegen einen für Virginia vorgesehenen Solarpark aufgrund von Umweltbedenken:

»Die Anwohner brachten erneut ihre Bedenken zum Ausdruck, dass Unwetter die Paneele beschädigen könnten und dass dadurch Cadmiumtellurid in den Boden oder ins Wasser gelangen könnte.

Das Unternehmen wies darauf hin, dass die Paneele für extreme Wetterbedingungen ausgelegt seien und dass »unsere Echtzeit-Überwachungssysteme es uns ermöglichen, beschädigte Paneele sofort zu identifizieren und zu ersetzen.««

Solar- und Windindustrie reagieren genau so, wie es Marketingexperten oft tun, wenn sie mit Umweltproblemen konfrontiert werden: Sie beharren darauf, dass es keine Probleme gebe.

So betont die Solarlobby gern, dass gebrauchte Paneele gewinnbringend recycelt werden können und dass dies auch tatsächlich geschehen werde. Der Windlobby ist die Feststellung wichtig, dass gewöhnliche Hauskatzen mehr Vögel töten als Windkraftanlagen.

Doch solche Behauptungen sind irreführend. Hauskatzen töten kleine, häufig vorkommende Vögel wie Rotkehlchen und Spatzen, aber keine großen, gefährdeten Vogelarten wie Adler oder Rotmilane. Und die Fachleute sind sich einig, dass es sich wirtschaftlich nicht lohnt, Solarmodule zu recyceln. Der Kauf von Neuware ist billiger.

Ja, viele Befürworter erneuerbarer Energien sind nur des Geldes wegen dabei und haben auch keinerlei Skrupel, Bündnisse mit Erdgas-Interessen einzugehen. Auch Amory Lovins wurde durch seine Arbeit für Großunternehmen reich.

Doch die meisten EE-Befürworter und auch progressive, sozialistische Führungspersonen lassen sich durch tiefe, innere Überzeugungen motivieren, nicht nur durch Geld. Worum geht es dabei?

Wie Kernenergie die erneuerbaren Energien bedroht

Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte die Arbeiterklasse in den entwickelten Ländern zu materiellem Wohlstand, was die Auffassung widerlegte, nur eine radikale, sozialistische Gesellschaftstransformation könne die Armut beenden.

Radikale Kapitalismuskritiker verlagerten daraufhin ihren Blickwinkel: Das Problem sei nun nicht mehr, dass der Kapitalismus in Armut führe, sondern dass er die Umwelt zerstöre.

»Die Bedürfnisse von Industrieanlagen stehen über den Bedürfnissen des Menschen nach sauberer Luft«, schrieb der sozialistisch orientierte Umweltschützer Murray Bookchin in seinem Buch „Our Synthetic Environment“ (»Unsere künstliche Umwelt«) von 1962.

Der Kapitalismus schaffe Widersprüche nicht nur zwischen Menschen, sondern auch zwischen Mensch und Natur. Die »verhängnisvollen Gesetze des Marktes haben Vorrang vor den zwingendsten Gesetze der Biologie«, schrieb Bookchin.

Aber die Kapitalismuskritiker hatten da ein Problem: die Kernenergie. Denn seit den 1940er Jahren wusste jeder, dass Kernenergie die Industriegesellschaft voranbringen und dabei gleichzeitig die Luftverschmutzung reduzieren und den ökologischen Fußabdruck der Menschheit verringern konnte.

In den 1970er und 1980er Jahren zeigten Frankreich und Schweden, dass sie die Luft- und Wasserverschmutzung von der Stromerzeugung entkoppeln konnten. Dies geschah einfach durch den Bau von Kernkraftwerken, die Kohle- und Ölkraftwerke ablösten.

Das »Problem« mit der Kernenergie war also dieses: Kernenergie stellte unter Beweis, dass wir die Gesellschaft keineswegs radikal umorganisieren müssen, um Umweltprobleme zu lösen. Wir brauchen lediglich Kern- statt Kohlekraftwerke zu bauen.

Daher attackierten die Umweltschützer der Neuen Linken die Kernenergie als irgendwie schlecht für die Umwelt. Es gab nicht viel, worauf sie sich dabei berufen konnten, aber sie arbeiteten mit dem, was sie hatten.

Sie machten ein großes Theater um das leicht erwärmte – und saubere – Wasser, das aus Kernkraftwerken kommt. Sie brachten die Öffentlichkeit zu der Annahme, Atommüll sei flüssig, grün und gefährlich, obwohl er in Wirklichkeit fest und metallisch ist und noch nie jemandem geschadet hat.

Vor allem aber zeigten sie den Babyboomern in den USA, die in den fünfziger und sechziger Jahren durch Zivilschutzübungen und endlose Atomwaffentests traumatisiert wurden, einen Weg, ihren latenten Wunsch nach einer Abrechnung mit den Nuklearwaffen zu erfüllen: durch Verhinderung und Stilllegung von Kernkraftwerken.

In angesehenen liberalen Publikationen wie The New Yorker und Foreign Affairs setzten sie sich für erneuerbare Energien ein. Die seien nicht nur besser für die Umwelt, sondern auch für die Gesellschaft. Dabei verwendeten sie genau dieselben Argumente, die heute in den USA für den Green New Deal vorgebracht werden.

»Selbst wenn Kernenergie sauber, sicher, wirtschaftlich, mit reichlich Brennstoff versorgt und sozial unbedenklich wäre«, sagte der Gottkönig der Erneuerbaren, Amory Lovins, im Jahr 1977, »wäre sie immer noch ungeeignet, nämlich wegen der politischen Bedeutung der Art von Energiewirtschaft, in die sie uns hinein zwingen würde.«

Welche Art von Energiewirtschaft wäre das denn? Eine florierende, saubere und energiereiche. »Wenn Sie mich fragen, käme es für uns einer Katastrophe gleich, eine Energiequelle zu erschließen, die sauber, billig und reichlich vorhanden wäre, weil wir so viel damit erreichen könnten«, erklärte Lovins.

Vor acht Jahren brachte die sozialistisch und ökologisch orientierte Schriftstellerin Naomi Klein die gleichen Argumente wie Bookchin und Lovins in ihrem langen Beitrag „Capitalism vs. the Climate“ (»Kapitalismus gegen Klima«) in The Nation.

»Echte Klimalösungen«, betont sie, »sind diejenigen, die … Einfluss und Kontrolle auf die Gemeindeebene verlagern, sei es durch kommunal kontrollierte erneuerbare Energien, lokale ökologische Landwirtschaft oder Verkehrssysteme, die ihren Nutzern gegenüber wirklich verantwortlich sind.«

Klein weitete ihr Argument zu einem Buch aus. Um zu unterstreichen, wie umfassend sie ihre Agenda sieht, gab sie ihrem Buch den Titel „This Changes Everything“ (»Dies ändert alles«).

»Kurz gesagt«, erläutert Klein, »überdeckt der Klimawandel den bestehenden Argumentationsansatz für praktisch alle lehrbuchmäßigen progressiven Forderungen und fasst diese zu einer kohärenten Agenda zusammen, die auf einem klaren wissenschaftlichen Gebot basiert.«

Kein Wunder also, dass der Green New Deal sämtliche progressiven Forderungen aufgreift: Nachrüstung von Gebäuden und Stromnetzen, Subventionierung nachhaltiger Landwirtschaft in Familienbetrieben, öffentlicher Nahverkehr, Wiederherstellung von Ökosystemen, Entsorgung gefährlicher Abfälle, internationale Hilfe, Arbeitnehmerschulungen. Und die Liste geht noch viel weiter.

»Das ist überhaupt kein »Programm««, bemerkt Charlie Cook im National Review. »Es handelt sich vielmehr um eine allumfassende Wunschliste, einen Lieber-Weihnachtsmann-Brief  ohne Form, Zweck, Grenzen oder Orientierung an der Wirklichkeit.“

Richtig! Und diese Wunschliste ist schlichtweg überflüssig, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren – nämlich dann, wenn man Kernenergie einsetzt.

Man vergleiche nur Deutschland und Frankreich! Deutschland hat bereits viel von dem umgesetzt, was der Green New Deal vorsieht. Bis 2025 wird das Land 580 Milliarden Dollar für erneuerbare Energien und die damit zusammenhängenden Ausrüstungsinvestitionen ausgegeben haben, während zugleich die Kernkraftwerke stillgelegt werden.

Und was bekommt Deutschland für seine »Energiewende«? Um 50 Prozent höhere Strompreise, stagnierende Emissionen und eine Stromversorgung, die 10 mal CO2-intensiver ist als die Frankreichs.

Frankreich hingegen hatte einfach Kernkraftwerke gebaut.

In den letzten zehn Jahren aber versuchte Frankreich, Deutschland nachzuahmen. Was war die Folge? Frankreich gab 30 Milliarden Dollar für erneuerbare Energien aus, die CO2-Intensität seiner Stromerzeugung stieg, und die Strompreise stiegen auch.

Frankreich, Deutschland und alle anderen konkreten Fälle zeigen, dass Kernenergie der einzige Weg ist, um die Energieversorgung signifikant, nachhaltig und kostengünstig zu dekarbonisieren und damit dem Klimawandel entgegenzuwirken.

Das Problem mit der Kernenergie ist, dass sie ohne die radikale Gesellschaftstransformation auskommt, die die erneuerbaren Energien fordern. Kernenergie kommt auch ohne die grandiosen Phantasien einer Menschheit aus, die eins ist mit der Natur.

Kernenergie braucht auch keine Umverteilung von Milliardenbeträgen an progressive Interessengruppen – im Namen kommunaler erneuerbarer Energien, lokaler ökologischer Landwirtschaft oder öffentlicher Verkehrssysteme.

Was die Kernenergie tut, ist folgendes: Sie steigert den gesellschaftlichen Wohlstand, erhöht die Einkommen und entkoppelt die Wirtschaft von Umweltverschmutzung und Umweltzerstörung.

Kein Wunder, dass sie so sehr gehasst wird!


Foto: Wikimedia Commons, Senate Democrats [CC BY 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0)]

Dieser Beitrag erschien im Original bei Forbes: „The Real Reason They Hate Nuclear Is Because It Means We Don’t Need Renewables“.


Michael Shellenberger

Michael Shellenberger ist Gründer und Präsident der US-Umweltorganisation Environmental Progress. Er setzt sich weltweit für Umweltschutz durch Kernenergie ein. Sein Engagement trug 2017 maßgeblich zum Erhalt der Kernkraftwerke in den US-Bundesstaaten New York und Illinois bei. Sein TED-Talk „How fear of nuclear power is hurting the environment“ wurde über 1 Million Mal abgerufen.

 

Über die Nuklearia

Die Nuklearia ist ein gemeinnütziger, industrie- und parteiunabhängiger eingetragener Verein, der die Kernenergie als Chance begreift und darüber aufklären will. Wir sehen die Kernkraft als besten Weg, die Natur und das Klima zu schützen und gleichzeitig unseren Wohlstand zu erhalten. Denn Kernenergie ist emissionsarm, braucht sehr wenig Fläche und steht jederzeit zur Verfügung. Unser Ansatz ist wissenschafts- und faktenbasiert, unsere Vision humanistisch: erschwingliche und saubere Energie für alle.

9 Antworten

    1. Danke sehr erhellend. So sehe ich aber auch dass der damalig herrschende Kommunismus der Oststaaten überhaupt gar nicht mit der wohlstandsfeindlichen Ideologie übereinstimmten, wohl aber viele Kommunisten im Westen. Die grüne Bewegung ist letztlich vornehmlich ein Erfindung links-elitärer Kreise im Westen, nicht im Osten. Sie hat aber die bürgerlichen intellektuellen und später auch die wirtschaftlichen Eliten in beiden Lagern erfasst. Das ist auch deswegen geschehen weil die westlichen Eliten gesehen haben dass der technische Fortschritt einen Großteil der Bevölkerung als Arbeitende überflüssig machen würde, während ihr Vermögenszuwachs bis dahin eine sich selbst perpetuierende, technisch unterstützte Autarkie ermöglichen würde. Die grüne Agenda mag aus einer Interpretation der kommunistischen Weltanschauung geboren worden sein, heute wird sie sehr erfolgreich durch die westliche plutokratische anationale Finanzelite gegen „Das Volk“ umgesetzt. Es gibt zwei mögliche Lösungen aus der Perspektive des Volkes: Zurück zum Nationalen oder globaler Ökomodernismus. Ich kann mit beiden Leben. Mit was ich kraft meiner Klassenzugehörigkeit (Geboren und lebend in der Mittelklasse; angewiesen auf die industrielle Wohlstandsgesellschaft) nicht leben kann ist der Erfolg der heutigen globalen grünen Agenda. Diese muss vollständig vernichtet werden damit ich leben kann.

  1. Die angeblich Intellektuellen und die Biologiekenntnisse.
    Bei dem System aus Katzen und Vögel handelt es sich um ein rückgekoppeltes ökologisches System aus Räuber und Beute. Wenn bei diesem System die Beutepopulation zu stark abnimmt, dann nimmt zwangsläufig die (vom Intellektuellen nicht gefütterte) Räuberpopulation ab.
    Bei dem System Windräder und Vögel handelt es sich nicht um ein ökologisches System, bei dem die Zahl der Windräder abnimmt, wenn die Zahl der Vögel zu stark dezimiert werden. Das „Argument“, dass Hauskatzen mehr Vögel durch Erbeutung vernichten, zieht also nicht. Liegen eigentlich fundierte Zahlen vor, die dieses „Argument“ stützen. Meistens werden in der Politik irgendwelche Phantasmen ersonnen, um die Herde in die richtige Abstimmrichtung zu treiben.

    1. Die Windräder werden bei Flaute mit Subventionen gefüttert, die Katzen, wenn sie keine Amsel erwischen, mit Pedigree!

  2. Einigen Punkten in der Einleitung möchte ich deutlich widersprechen.

    So haben sich die Betreiber zu früh auf wenige wirtschaftlich vielversprechende Reaktorlinien festgelegt, was zu einer Entwicklungsverzögerung inhärent sicherer Baulinien führte und viele Potenziale der Kernenergie jenseits der reinen Stromerzeugung links liegenließ. Das erleichterte es den Gegnern, Kernenergie als gefährlich und überdies leicht ersetzbar darzustellen.

    In Deutschland wurden sehr wohl bereits früh Nutzungsmöglichkeiten der Kernenergie abseits der Stromerzeugung erprobt und neben staatlichen Forschungsinstitutionen auch von Firmen wie Siemens, Interatom, BBC, Krupp, MAN vorangetrieben. So begann man etwa bereits in den 1950ern Nuklearantriebe für die Handelsschifffahrt zu entwickeln, 1964 ging mit der Otto Hahn ein entsprechendes Versuchsschiff in Betrieb. Beteiligt an der Entwicklung der nuklearen Schiffahrt in Deutschland waren vor allem die Firma Interatom sowie diverse Großwerfen, insbesondere die Howaldtswerke und Reederein und das Kernforschungszentrum Geesthacht.

    Das die Kraftwersbetreiber/EVUs sich kaum an der Entwicklung von Anwendungen der Kernenergie abseits der Stromversorgung beteiligt haben kann man ihnen schlecht vorwerfen, das war und ist schließlich nicht ihr Markt.

    Fernwärme- und Prozessdampfausspeisung aus Kernkraftwerken wurde unter anderem von Siemens vorangetrieben, so gab es zahlreiche Projekte für kleinere Kernkraftwerke mit Druckwasserreaktoren die auch Prozessdampf für Industriebetriebe nutzen sollten. Realisiert wurde etwa eine Prozessdampfausspeisung aus dem Kernkraftwerk Stade (ab 1972) an eine nahegelegene Saline. Weitere bekannte aber nicht realisierte Projekte waren das BASF-Kernkraftwerk, welches den BASF Standort Hamburg mit Prozessdampf und Strom versorgen sollte und das Kernkraftwerk Marl welches die Chemiewerke Hüls mit Strom und Prozessdampf versorgen sollte. Das diese Projekte nicht realisiert wurden lag letztendlich an der Politik und nicht an der Industrie.

    Die Firmen BBC, Krupp, MAN und später auch Interatom versuchten mit ihren Hochtemperaturreaktoren den Hochtemperatur-Prozesswärmemarkt zu erobern und dabei das Erdgas zu verdrängen. Nach einem vielversprechenden Start mit dem AVR-Reaktor (1969) und zuvor dem Euratom-Projekt Dragon (ab 1962) stieß man aber auf technische und politische Hürden. Die großtechnische Umsetzung der Technologie verzögerte sich so bis in die 1980er- dann scheiterte sie politisch.

    Die nukleare Fernwärmenutzung in (West-) Deutschland scheiterte wiederum daran das es in (West-) Deutschland nur relativ wenige Fernwärmenetze gibt (gab) und neue Kernkraftwerke meist nicht in der Nähe bestehender Fernwärmenetze erreichtet wurden.

    Siemens beteiligte sich auch maßgeblich an der Entwicklung und Produktion nuklearer Energiequellen für Herzschrittmacher und Raumsonden.

    Insgesamt kann man die Industrie kaum dafür verantwortlich machen das Anwendungen der Kernenergie außerhalb der elektrischen Energieproduktion nicht ausreichend umgesetzt wurden.

    Im Bezug auf den Vorwurf das man inhärente Sicherheit zu lange vernachlässigt hat kann man entgegnen das man lange Zeit (zu Unrecht?!) der Meinung war das ein gewisses „Restrisiko“ durchaus akzeptabel ist so lange dieses klein gegenüber anderen Risiken im industrieellen Umfeld sind. Davon ausgehend war es bis in die 1970er regelrecht selbstverständlich wie auch in anderen Bereichen Wirtschaftlichkeit und Sicherheit gegeneinander abzuwägen (zu Unrecht?!). Die Idee das quasi-absolute Sicherheit überhaupt möglich, erstrebenswert und eventuell wirtschaftlich machbar sein könnte kam erst in den 1980ern auf nachdem der relative Sicherheitsanspruch bereits in den Jahrzehnten zuvor beständig hochgeschraubt wurde. Und das war nicht nur in Deutschland so sondern überall auf der Welt.

    Frühe Konzepte inhärent sicherer Reaktoren (etwa Karlsruher Konzept, PIUS, HTR-Modul,…) wurden zunächst speziell von den Betreibern existierender Kernkraftwerke tatsächlich kritisch betrachtet. Man fürchtete (wohl nicht zu unrecht) das neue, sicherere KKW die alten, bestehenden, in die man bereits Milliarden investiert hatte als relativ unsicher darstellen und somit politisch gefährden würden. Gleichzeitig bezweifelte man (wohl nicht zu unrecht) das inhärent sichere KKW tatsächlich auf eine wesentlich bessere Akzeptanz in der Öffentlichkeit stoßen würden.

    Zudem hat man lange die Sprengkraft des Entsorgungsproblems unterschätzt; auch das wurde zur argumentativen Waffe in der Hand der Atomgegner.

    Lösungen des „Atommüllproblems“ wurden schon früh gesucht und gefunden. Ein geschlossener Brennstoffkreislauf galt dabei von Anfang an als Lösung die von der gesamten Industrie und der Politik unterstützt wurde. Der Rest sollte geologisch endgelagert werden wofür schon früh Endlager gesucht und gefunden wurden. Bereits in den 1970ern wurde der Salzstock Gorleben als Endlagerstandort auserkoren und er gilt bis heute als gut geeignet.

    Diese technischen Lösungen stellten die Atomgegner aber keineswegs zufrieden.

    Die Wiederaufbereitung wurde als zusätzlicher Risikofaktor diffamiert und nicht existierende Verknüpfungen mit der militärischen Plutoniumproduktion unterstellt. Sichere Endlager stellten die Gegner als Gefahrenpotenzial für hunderte Generationen dar.

    Schließlich – das trifft vor allem auf Deutschland zu – haben die kerntechnischen Eliten in Wissenschaft und Energiewirtschaft zu lange darauf vertraut, dass die Regierung schon ihre schützende Hand über die Kernenergie halten werde. Daher stellten gerade die Wissensträger die Kommunikation mit Kritikern und Bürgern weitgehend ein. In dieses Vakuum stießen die linke Atomstaatskritik und die emotionsgeladenen Angstkampagnen, ohne auf nennenswerten, intellektuell geschärften Widerstand zu treffen.

    Versuche sachlicher Diskussion und Kommunikation der komplexen Thematik scheiterten in der Regel.

    Nicht das man es nicht versucht hat. Man versuchte es inesbesondere mit Informationsbroschüren und Sachbüchern. Diese wurden aber kaum beachtet. Den Grünen Vordenkern ging es, wie von Shellenberger richtig beschrieben, auch in Deutschland nie um die Gefahren der Kernenergie sondern das sie einer romantischen Vision einer postindustrieellen Gesellschaft im Weg stand. Und der Rest der Atomgegener ließ sich leicht durch Angstkampagnen blenden.
    Weitere Versuche umfassten öffentliche Erörterungen von Kernkraftwerksprojekten. Diese boten am Ende den Gegnern aber vor allem eine Bühne für Proteste. Auf diesen Veranstaltungen stundenlang vorgetragene Vorwürfe gegen die Projekte und noch langwierigere Widerlegungen dieser Vorwürfe nahm wohl kaum jemand in der breiten Öffentlichkeit zur Kenntnis.

    Natürlich wäre ein besseres Marketing möglich gewesen. Aus heutiger Sicht lässt sich das natürlich leicht sagen. Ich halte es allerdings auch für leicht fraglich ob ein leicht anderes Marketing ausgereicht hätte. Man hätte wohl schon radikal anders vorgehen müssen. Die größten Fehler wurden dabei wohl in den 1960er und 1970ern gemacht als man den aufkeimenden Widerstand unterschätzt hat und die Atomgegner als sachlichen Argumenten zugängliche „besorgte Bürger“ missverstanden hat und später ab den späten 1980ern als man den Kampf quasi aufgegeben hat und es nur noch darum ging die bestehenden Kraftwerke möglichst lange am Laufen zu halten (ab 2011 hat man sich nicht einmal mehr darum bemüht). So wurde die Kernenergie auch in den Augen der meisten Bürger, die nicht den Atomgegnern zuzurechnen sind, ab den 1990ern von einer Schlüsseltechnologie für eine bessere Zukunft zu einer „Brückentechnologie“ und schließlich zur technologischen Sackgasse.

  3. „Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Man kann dann nicht mehr den Umweltschutz ins Feld führen, um die Abschaffung des Kapitalismus zu fordern. Das sei nämlich die tatsächliche Agenda linker Klimapolitik und Erneuerbaren-Euphorie.“

    Was Michael Schellenberger im eigentlichen der Politik unterstellt, ist dessen „wirtschaftliches Handeln“ als ein Sonderfall des „zweckrationalen Handelns“ im Sinne der Weber’schen (Max Weber) Idealtypen des Handelns, wobei es schlussendlich um nichts anderes als den eigenen Machterhalt geht.

    Seine Besonderheit besteht darin, dass es seinem „gemeinten Sinne nach an der Fürsorge für einen Begehr nach Nutzleistungen orientiert ist“ (Weber 1980), d.h. dass die rationale Mittelwahl (Rationalität) unter der tatsächlichen, angenommenen oder gemeinten Knappheit (sonst wäre keine Fürsorge nötig) an eben diesen Mitteln der Zweckrealisierung geschehen muss; deshalb soll man mit ihnen „wirtschaftlich“ umgehen. Im Sinne der neoklassischen Theorie der Ökonomie unterscheidet sich das wirtschaftliche Handeln von anderen Formen zweckrationalen Handelns dadurch, dass es sich an einer „subjektiv empfundenen Knappheit“ (Weber 1980) der Mittel des Handelns zur Erreichung der Handlungsintention („Nutzleistung“) orientiert. „Knappheit“ wird demzufolge nicht als objektive Natureigenschaft von Objekten festgelegt, sondern als Folge der subjektiven Intentionen der Handelnden zur Befriedigung eines Bedürfnisses. Güter werden umso wertvoller (teurer), je knapper sie sind. Für alle bedürfnisbefriedigenden Sachverhalte besteht „Knappheit“. Eine vollständige Befriedigung aller Bedürfnisse ist nicht möglich. Demzufolge hängt der Erfolg des wirtschaftlichen Handelns davon ab, ob eine adäquate Auswahl und Zusammenstellung der zu realisierenden Bedürfnisbefriedigungen gelingt oder nicht.

    Diese Konzeption von wirtschaftlichem Handeln bildet in der Wirtschaftsgeographie die Grundlage u.a. für die Modelle und Standorttheorien von Thünen, A. Weber und Christaller. Diese können als weitere theoretische Differenzierungen von wirtschaftlichem Handeln betrachtet werden, die unter Einbezug von erdräumlichen Distanzen (bzw. der Kosten zu deren Überwindung) in entsprechenden Modellen dargestellt werden: agrarwirtschaftliches Handeln beim Modell von Thünen, industriewirtschaftliches Handeln beim Modell von Weber und dienstwirtschaftliches Handeln beim Modell von Christaller.
    https://www.spektrum.de/lexikon/geographie/wirtschaftliches-handeln/9075

    Also selbstverständlich werden die politischen Eliten an ihren Gesinnungsethischen Konzepten, womit man sich zuvor politisch Profiliert und etabliert bzw. Wahlzustimmungen abgefischt hat, bis zum bitteren Ende festhalten und gegen alles und jeden was dem entgegensteht Agitieren, völlig egal wie irrational und unsinnig dies auch ist. Natürlich kann man einen stetig ansteigenden Energiebedarf der Menschheit, auf Dauer nicht mit einer flächenmäßig begrenzten und per se mechanischen Energieerzeugung (nichts anderes stellt die Ausnutzung physikalisch-freier Energieträger wie Wind mittels Windmühlen dar) zukünftig sicherstellen, aber darum geht es der infantil verquickten Energie-umwelt-klimapolitik in der Sache ja auch nicht.

    mfg

  4. Was ist mit den Endlagern? Ich halte mich für links, ich „hasse“ Atomenergie nicht – aber ich lehne sie ab, weil sie zu viele auf Dauer ungelöste (und vermutlich auf Dauer unlösbare) Probleme mit sich bringt. Plutonium 239 – also das Isotop, auf das es bei der militärischen Nutzung von Kernspaltung ankommt – gibt es als Nebenprodukt der Kernspaltung heute im Bereich mehrerer hundert Tonnen. Seine Halbwertszeit beträgt 24110 Jahre. Will man also – wie bei der Endlagerung diskutiert wird – das Material für 10 Halbwertszeiten sicher einlagern, so sprechen wir von 240.000 Jahren. Wer will bitte für solche Zeiträume irgendwelche Garantien übernehmen? Die Verbindung von friedlicher und militärischer Nutzung der Kernenergie wird außerdem von linken Atomenergiegegnern ja nicht herbeigeredet (oder gar falsch verstanden), sondern sie ist ein Faktum: Ohne Kernspaltung kein militärisch verwendbares Plutonium. Insofern überzeugt mich der Artikel nicht.

    1. Schauen Sie mal hier: https://nuklearia.de/atommuell/. Da stellen wir eine Lösung vor, die besser ist als die Endlagerung.

      Übrigens ist das Plutonium-239 aus zivilen Kernreaktoren nicht zur militärischen Nutzung geeignet, weil es zu stark mit Plutonium-240 durchsetzt ist. Weil das Pu-240 aber schneller zerfällt als das Pu-239, hat man nach rund 9000 Jahren waffenfähiges Plutonium. Ein Punkt, der gegen eine Endlagerung spricht!

    2. Ist doch super, wenn mehrere hundert Tonnen Plutonium in den Zwischenlagern herumliegen – die liefern in Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum so viel Energie, daß der Uranbergbau für mehrere hundert Jahre überflüssig werden könnte!

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