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Warum ZDF-Journalistin Andrea Maurer recht hat
Warum ZDF-Journalistin Andrea Maurer recht hat
Veröffentlicht am 2024-02-26
Von John Paul Adrian Glaubitz
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Als die Journalistin Andrea Maurer kürzlich ihren Einstand als Moderatorin der ZDF-Sendung »Berlin direkt« gab, hätte sie wohl niemals gedacht, dass sie mit der Anmoderation eines Beitrages über den Zustand der deutschen Wirtschaft schlagartig bundesweite Berühmtheit erhalten sollte. Wir analysieren im Folgenden, warum Andrea Maurer recht hat.

Der vierte Beitrag der Sendung »Berlin direkt« vom 18. Februar 2024 drehte sich um die aktuelle Rezession in der deutschen Wirtschaft. In der Anmoderation wunderte sich Frau Maurer über die Forderungen aus den Reihen der Ampel-Parteien zu einer europäischen Atombombe, obwohl eben jene Parteien erst kurz zuvor Deutschlands endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen hatten. Der Atomausstieg, so Maurer, sei einer der Hauptgründe für die schlechte Wirtschaftslage im Land. Diese Aussage führte allerdings zu einem Sturm der Entrüstung unter den Grünen. Kein Wunder, denn das Eingeständnis, dass der Atomausstieg erhebliche negative Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands hat, stellt eine der wohl wichtigsten politischen Forderungen der Grünen in Frage.

Stimmt die Aussage von Frau Maurer überhaupt?

Tatsächlich hat Deutschland seit Anfang 2022 einen massiven Einbruch in der energieintensiven Produktion um 20% erlitten. In der Bundespressekonferenz am 11. Oktober 2023 nannte Robert Habeck selbst die hohen Börsenstrompreise als ausschlaggebenden Punkt für diesen Einbruch und forderte als Konsequenz einen subventionierten Industriestrompreis. Politiker der Grünen bezweifelten den von Maurer hergestellten Zusammenhang zwischen Atomausstieg und Rezession. Ihr Argument: 2023 trugen die Kernkraftwerke nur noch zu 1,5% der jährlichen Stromproduktion bei.

Zwar stimmt es, dass die letzten drei Kernkraftwerke im Jahr 2023 nur noch einen sehr geringen Anteil an der jährlichen Stromproduktion von 1,5% hatten. Jedoch ist dies dem Umstand geschuldet, dass die Kernkraftwerke nur noch im Streckbetrieb liefen, weil man sich in der Ampel-Koalition gegen einen regulären Betrieb der Kraftwerke über das erste Quartal 2023 hinaus entschieden hatte.

Dabei wäre der Weiterbetrieb der Kernkraftwerke möglich gewesen: Als kurz nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine die Frage zum Ausstieg aus dem Atomausstieg gestellt wurde, hätte man noch sechs Kernkraftwerke retten können, deren Anteil an der Gesamtstromproduktion mit 65 TWh im Jahre 2021 noch 12% betrug. Das ist halb so viel wie sämtliche der 30.000 Windkraftanlagen in Deutschland und mehr als alle PV-Anlagen in Deutschland im selben Jahr. Es würde wohl niemand freiwillig auf die Stromproduktion aller PV-Anlagen bzw. die Hälfte aller Windkraftanlagen verzichten. Bei der Kernenergie fand es das grün geführte Ministerium aber akzeptabel, hielt die entsprechenden Unterlagen jedoch zurück. Das Monatsmagazin Cicero klagte kürzlich auf Einsicht in die Akten und gewann.

Das Merit-Order-Prinzip: kleine Ursache, große Wirkung

Um nun zu erklären, wieso selbst die 6% Kernenergie einen erheblichen Einfluss auf den Strompreis an der Börse haben, muss man das Merit-Order-Prinzip verstehen. Das Merit-Order-Prinzip ist am Strommarkt einer der wichtigsten Mechanismen zur Preisbildung. Ein wesentliches Merkmal des Merit-Order-Prinzips ist es, dass der Strompreis stets durch das teuerste Kraftwerk bestimmt wird, welches zum Einsatz kommt. Kernkraftwerke liegen mit ihren niedrigen Stromgestehungskosten direkt bei Wind- und PV-Anlagen, befinden sich im Merit-Order-Schema also besonders weit links auf der Angebotsachse.

Da das Stromangebot der Kernkraftwerke rund um die Uhr verfügbar ist, wirkt deren Anwesenheit im Merit-Order wie ein Sockel, welcher dauerhaft dafür sorgt, dass der Preisfindungspunkt weiter links auf der Kurve zwischen Angebot und Nachfrage liegt. Durch das Entfernen der Kernkraftwerke aus dem Merit-Order verschiebt sich der Preisfindungspunkt auf der Kurve nach rechts, so dass der Preis häufiger durch die viel teureren Gaskraftwerke bestimmt wird. Je steiler die Preiskurve im Bereich der teureren Kraftwerke ist, desto größer wirkt sich der Wegfall der Kernkraftwerke auf die Erhöhung der durchschnittlichen Börsenstrompreis aus, auch wenn diese zuletzt auf nur sechs bzw. zwölf Prozent Anteil an der Stromerzeugung kamen.

Der Wegfall der EEG-Umlage stellt keine Entlastung dar

Tatsächlich reicht ein Blick auf die Entwicklung der durchschnittlichen Börsenstrompreise, um zu sehen, dass diese sich im Vergleich zum Vorkrisenniveau von 2019 mehr als verdoppelt haben. Da der Gesetzgeber die EEG-Umlage jedoch zum 1. Juli 2022 abgeschafft hat, schlägt sich die Erhöhung der Großhandelspreise nicht so sehr auf die Stromrechnungen privater Verbraucher nieder. Das wundert nicht, denn immerhin belief sich die EEG-Umlage vor dem Jahr 2022, also dem Jahr der Energiekrise, noch auf fast 7 Cents pro Kilowattstunde bzw. 70 Euro pro Megawattstunde. Im Vergleich zum Vorkrisenniveau hat sich der Großhandelspreis aber um circa 60 bis 70 Euro pro Megawattstunde verteuert, so dass die Abschaffung der EEG-Umlage durch die steigenden Großhandelspreise praktisch kompensiert wurde.

Anders als private Verbraucher und die meisten Unternehmen waren Unternehmen aus der energieintensiven Industrie schon immer von der EEG-Umlage und meist auch von der Stromsteuer befreit. Von der Abschaffung der EEG-Umlage oder der Senkung der Stromsteuer profitieren sie also nicht. Im Gegenteil ist eine wegfallende EEG-Umlage sogar das Signal für enorm gestiegene Großhandelspreise, welche sich in den Bilanzen der Unternehmen aus der energieintensiven Industrie sofort niederschlägt. Es ist daher nicht überraschend, dass die durch den Atomausstieg gestiegenen Großhandelspreise zu einem Rückgang der energieintensiven Industrie führen, ganz so wie es Andrea Maurer in ihrer Anmoderation in ihrer ersten Sendung von »Berlin direkt« am letzten Sonntag formuliert hat. Die laute Kritik seitens der Grünen an Frau Maurers Ausführungen ist daher nicht berechtigt.

Fazit

Zusammengefasst kann man sagen, dass die Großhandelspreise für Strom vor der Krise seit fast zwei Jahrzehnten um einen Wert von 35-40 €/MWh pendelten und seit der Vollendung des Atomausstiegs, trotz der seit langen wieder fallenden Gaspreise, nie wieder das Vorkrisenniveau erreicht haben. Die Auswirkungen für private Verbraucher, Unternehmen und energieintensive Industrien sind aber unterschiedlich:

Bei privaten Verbrauchern und den meisten Unternehmen haben die höheren Großhandelspreise für Strom die Strompreise nur unwesentlich steigen lassen, da der Wegfall der EEG-Umlage seit dem 1. Juli 2022 die Stromkunden um fast gleichen Betrag der Preiserhöhung an der Strombörse entlastet hat. Unternehmen aus der energieintensiven Industrie sind jedoch in der Regel von der EEG-Umlage und auch der Stromsteuer befreit, so dass sie von der Abschaffung bzw. Senkung dieser Aufschläge nicht profitieren können. Durch gestiegene Stromkosten büßten die betroffenen Unternehmen an Wettbewerbsfähigkeit ein, was wiederrum einen Einbruch in der energieintensiven Industrie um 20% nach sich zog.

Habeck hätte als verantwortlicher Bundeswirtschafsminister den Atomausstieg angesichts der Energiekrise im Jahr 2022 endgültig und gesichtswahrend stoppen können. Er entschied sich jedoch dagegen und hoffte lieber, die steigenden Strompreise in der energieintensiven Industrie mit Steuergeldern auf ein wettbewerbsfähiges Niveau subventionieren können. Dies scheiterte jedoch am Urteil des Bundesverfassungsgericht im November 2023, welches den Nachtragshaushalt der Ampel-Koalition für verfassungswidrig erklärt hat.


Foto: ZDF

Kategorien
Atomausstieg
Energiekrise
Itzel says:

Leider führt die blinde Ideologie der Grünen Deutschland ins Verderben. Sich um das Wohl des Volkes zu kümmern, ist für die Grünen nicht so interessant wie das Verhindern der Kernenergie! Kopf in der Sand und weiter ideologisch alles durchsetzen!
Armes Deutschland