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Bayern-FDP will die Kernkraft zurück – Interview
Bayern-FDP will die Kernkraft zurück – Interview
Veröffentlicht am 2023-09-20
Von Nuklearia
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Die bayerische FDP hat den Wiedereinstieg in die Kernkraft in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Die Nuklearia hat mit Landtagskandidat Michael Ruoff gesprochen, der seinen Wählern eine »realistische und verantwortungsvolle Politik« verspricht und darüber hinaus einen konkreten Plan für die Kernkraft in Bayern hat.

Nuklearia: Herr Ruoff, die FDP hat die Abschaltung der letzten deutschen Kernkraftwerke bis zuletzt mitgetragen. Die Bayern-FDP nimmt nun den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke in ihr Wahlprogramm auf. Woher der Sinneswandel?

Michael Ruoff: Immerhin hat die Bundes-FDP sich letzten Winter für eine Verlängerung der Laufzeit eingesetzt, was ja auch für 4 Monate erfolgreich war. Die Bundes-FDP steht inzwischen insgesamt eher positiv zur Kernkraft. Zu unserer Situation in Bayern: Die geplanten großen Stromtrassen, die den Windstrom vom Norden zu uns in den Süden bringen sollen, haben wir immer noch nicht. Wir brauchen hier aber dringend eine stabile und zuverlässige Stromversorgung. Die bayerischen Kernkraftwerke weiter zu betreiben, vor allem Isar 2, wäre eine Option.

Was genau wollen Sie erreichen, wenn die FDP im bayerischen Landtag bleibt und an der Regierung beteiligt wird?

Eine Koalition in Bayern unter Beteiligung der FDP würde sich auf jeden Fall bemühen, die Kernkraft nach Bayern zurückzuholen. Das fordert Herr Söder von der CSU ja auch, aber dazu müsste er zuallererst den Rückbau von Isar 2 stoppen, und das ist nicht erkennbar. Die FDP würde sich für den Rückbau-Stopp einsetzen, um so grundsätzlich zu ermöglichen, dass Bayern weiter Kernkraft nutzt. Allerdings müssten wir dafür über den Bundesrat gehen und das Atomgesetz ändern. In zwei Jahren ist Bundestagswahl. Die Union möchte auf Bundesebene auch wieder Kernkraft, daher ist dieses Ziel grundsätzlich erreichbar.

Ist es damit getan, die alten Kernkraftwerke wieder ans Netz zu holen?

Nur alte Kernkraftwerke wieder anzuwerfen, ohne über neue nachzudenken, greift zu kurz. Perspektivisch muss man sich die Entwicklungen im Bereich der Kernkraft genau ansehen. Es gibt neue Reaktorkonzepte, zum Beispiel von Dual Fluid, die nicht überhitzen können. Das könnte die ohnehin gute Sicherheitsbilanz der deutschen Kernkraftwerke weiter verbessern. Diese Reaktoren könnten kleiner gebaut werden und würden weniger Müll produzieren – das könnte sich günstig auf die Kosten auswirken. Natürlich müssen wir auch die Kernfusion im Auge behalten, sollten sie aber nicht in einen Topf werfen mit der Kernspaltung.

Inwiefern nicht?

Es wird noch mindestens zehn bis fünfzehn Jahre dauern, bis die Kernfusion zur Stromgewinnung eingesetzt werden kann. Wir wären schlecht beraten, bis dahin auf die Kernspaltung zu verzichten oder ihre Weiterentwicklung zu behindern. Erneuerbare Energien können uns zwar teilweise versorgen, aber wenn es über ein bestimmtes Maß hinausgeht, dann wird es sehr teuer, weil die Kosten für Netzstabilität und Speichersysteme exponentiell steigen. Wir brauchen einen vernünftigen Anteil an stabiler und regelbarer Energie in unserem Energiemix, und Kernkraft ist hier die beste Option, denn sie ist obendrein CO2-frei.

Wann wird die Bundes-FDP endlich offensiver für Kernkraft eintreten?

Die FDP-Fraktion im Bundestag hat bereits gefordert, dass der Rückbau der gerade abgeschalteten Kernkraftwerke gestoppt wird. Viel mehr ist gerade nicht möglich, denn der Koalitionsvertrag, an den wir gebunden sind, sieht das nicht vor. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, Projekte außerhalb des Koalitionsvertrags umzusetzen, wie das Sondervermögen für die Bundeswehr zeigt. Aber dafür müssen wir auf die Vernunft der Koalitionspartner setzen: Diese müssten anerkennen, dass sich die Lage grundsätzlich geändert hat. Das billige russische Gas ist weg, und Kohle ist keine Dauerlösung. Ehrlicherweise ist ein Sinneswandel bei den Grünen sehr unwahrscheinlich. Vor den nächsten Wahlen sehe ich wenig Chancen, dass sich grundlegend etwas ändert, danach aber sehr wohl.

FDP-Mitglied Michael Ruoff, 47 Jahre, kandidiert für den bayerischen Landtag.

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Atomeinstieg
Politik

Mir fiel gerade der Spruch “Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende”. Wenn man die FDP ernst nehmen soll, muß sie die Koalition platzen lassen und zwar sofort!

Winfried Fehnker says:

Sorry, klingt alles nur sehr, sehr halbherzig. Das überzeugt mich überhaupt nicht. So wird das leider gar nix! Weder mit dem Industriestandort und der Energiesicherheit noch mit dem Klima- und Umweltschutz. War es nicht die FDP, die großmundig von “Freiheitsenergien” gesprochen hat, ohne die Kernenergie einzubeziehen? Wenn die Opposition hier nicht endlich mutiger, lauter und deutlicher wird, wiegen sich die Bürger entweder in Sicherheit oder suchen nach “Alternativen”…