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Kernkraft ist weder teuer noch gefährlich – DIW-Studie verstößt gegen wissenschaftliche Standards

Kernenergie sei zu teuer und zu gefährlich – zu diesem Schluss kam das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einem im Juli veröffentlichten Beitrag. Doch einer wissenschaftlichen Prüfung halten diese Behauptungen nicht stand. Das zeigt eine Analyse, die jetzt in der Fachzeitschrift atw – International Journal for Nuclear Power unter dem Titel »Das DIW-Papier über die „teure und gefährliche“ Kernenergie auf dem Prüfstand« erschienen ist.

Die Autoren der atw, die Technikhistorikerin Dr. Anna Veronika Wendland und der Physiker, Kraftwerksfinanzierer und Unternehmensberater Dr. Björn Peters, beide auch Nuklearia-Mitglieder, prüften die Aussagen der DIW-Studie auf Herz und Nieren. Sie kommen zu einem vernichtenden Ergebnis: Das DIW habe sein Ergebnis nur erzielen können, weil Forschungsdaten selektiv aufbereitet, Forschungsliteratur ignoriert und Sachverhalte fehlerhaft dargestellt worden seien.

Nuklearia-Vorsitzender Rainer Klute kommentiert: »Ich kann nur hoffen, dass die Studien des DIW über erneuerbare Energien von besserer wissenschaftlicher Qualität sind als seine Aussagen zur Kernenergie. Andernfalls wäre die Bundesregierung schlecht beraten.«

Das DIW hatte mit seinem Beitrag (https://doi.org/10.18723/diw_wb:2019-30-1) auf die immer lauter werdenden Forderungen nach einer tragenden Rolle für die CO2-arme Kernenergie in einer weltweiten Klimastrategie reagiert. Das Autorenteam des DIW, darunter die bekannte Energieexpertin Claudia Kemfert, stellte drei Thesen auf: Erstens seien Kernkraftwerke nicht rentabel. Zweitens sei der wahre Grund für ihre Nutzung ihr militärisches Potenzial. Und drittens sei Kernenergie zu gefährlich.

Gegenstudie prüft Aussagen und Methoden des DIW

Seine Thesen untermauerte das DIW mit Aussagen und Nachweisen. Diese Belege überprüften Wendland und Peters und entdeckten in allen drei Bereichen gravierende Schwachstellen, Fehler und Voreingenommenheit der Autoren. Die Analyse der atw-Autoren erhebt den schwerwiegenden Vorwurf, das DIW-Papier habe in zentralen Punkten gegen die Standards guten wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen.

Dies zeige sich bereits an der vom DIW verwendeten Datenbasis. Das Institut suggeriere, dass die Belege für seine Aussagen aus einer gründlichen und innovativen Analyse »aller 674 jemals gebauten Atomkraftwerke« stammten. Es stellte sich jedoch heraus, dass diese Datengrundlage lediglich aus einer hauseigenen Dokumentation besteht, die keineswegs umfassend ist, sondern nur spärliche Informationen über einzelne Anlagen bereithält.

Schwer wiegt der Vorwurf von Wendland und Peters, die DIW-Autoren hätten den aktuellen Stand der Forschung nur selektiv berücksichtigt. »Die Autoren haben sich aus Forschungsdaten und Literatur genau das herausgepickt, was sie brauchten, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen«, kritisiert Björn Peters. »Den aktuellen Forschungsstand im Ganzen haben sie aber ignoriert und teilweise sogar Sachverhalte falsch dargestellt.«

Willkürlich berechnete »teure Atomkraft«

Um die erste ihrer drei Thesen zu belegen, nämlich die von der zu »teuren Atomkraft«, führte das DIW eine Computersimulation durch. Diese Simulation sollte belegen, dass Kernkraftwerke unrentabel seien, obwohl die Betreiber von Kernkraftwerken in der Vergangenheit teilweise hohe Gewinne erwirtschafteten. Entscheidend für das Ergebnis einer solchen Simulation sind nicht nur die Methoden, sondern auch die Eingabedaten, mit denen man sie füttert. Welche das waren, geben die DIW-Autoren in ihrem Papier nur teilweise an.

Die fehlenden Parameter konnten Wendland und Peters anhand anerkannter Modelle der Investitionsrechnung rekonstruieren. Sie fanden heraus: Das DIW vermengt betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Betrachtungsebenen. Das führt zu logischen Brüchen in der Argumentation. Außerdem vermischen die DIW-Autoren in unzulässiger Weise historische und heutige Werte. Das verfälscht das Rechenergebnis. Die Autoren wählten überdies die Parameter in ihrer Kalkulation bewusst ungünstig. Nur so konnten sie das »Ergebnis« erzielen, dass Kernkraftwerke nicht rentabel seien.

Dies zeige sich, so die atw-Autoren, an zentralen Parametern der Investitionsrechnung wie Produktionsmengen, Verkaufserlös, Lebensdauer der Anlage sowie an Hilfsparametern wie Bauzeit von Anlagen, Preissteigerungsraten und der Verwendung von Fremdkapital für die Finanzierung. Peters und Wendland rechnen in ihrer Analyse vor, dass man auch heute mit einem Kernkraftwerk Geld verdienen kann – wenn man in der Rechnung statt der willkürlichen DIW-Annahmen realistische, industrieübliche Werte zugrundelegt.

DIW macht unrealistische Annahmen

Ein Beispiel: Von den 8.760 Stunden eines Jahres läuft ein Kernkraftwerk typischerweise mit rund 6.000 bis 7.000 Volllaststunden. Das DIW geht hier aber, wie die Rekonstruktion ergibt, von nur 3.600 Stunden aus.

Auch die Lebensdauer von Kernkraftwerken setzten die DIW-Autoren mit 40 Jahren bewusst niedrig an. Tatsächlich werden heute errichtete KKW aber für Laufzeiten von 60 Jahren und mehr errichtet, und auch ältere Anlagen können nach einer Modernisierung Laufzeiten von weit über 40 Jahren erreichen.

Erlöse aus dem Stromverkauf seien ebenfalls zu niedrig angesetzt worden, bemängeln die Kritiker des DIW. Hier nehme das DIW eine historische Spanne für Deutschland von 20 – 80 Euro je Megawattstunde an. Die waren in der Vergangenheit immer auskömmlich, da die Kraftwerke der 1980er-Jahre zu sehr günstigen Kosten errichtet wurden. Moderne Kraftwerke – gleich welcher Bauart – benötigten jedoch mindestens 60 Euro pro Megawattstunde, um wirtschaftlich zu arbeiten. »Alle seriösen Schätzungen gehen ab Mitte der 2020er Jahre von Großhandelspreisen von 80 – 120 Euro pro Megawattstunde aus«, erläutert Björn Peters, »und mit solchen Preisen können neu gebaute Kernkraftwerke gute Gewinne erwirtschaften.«

Verstöße gegen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis

Doch das DIW habe nicht nur bewusst ungünstige Parameter für die Investitionsrechnung gewählt, kritisieren Wendland und Peters. Sie werfen den DIW-Autoren darüber hinaus zahlreiche Verstöße gegen wissenschaftliche Standards vor.

Die zweite These des DIW, der wahre Grund für den Einsatz der Kernenergie sei nicht die Stromerzeugung, sondern ihr militärisches Potenzial, sei wissenschaftlich unhaltbar. »Richtig ist, dass gängige Reaktorkonzepte ursprünglich aus militärischen Zusammenhängen stammten«, erläutert die Technikhistorikerin Anna Veronika Wendland, »aber bei der Entwicklung ziviler Leistungsreaktoren spielten ökonomische Motive eine viel größere Rolle als militärische. Das war in den Atomwaffenstaaten so, und das gilt erst recht für diejenigen Staaten, die eine zivile Kernenergiewirtschaft aufbauten, ohne jemals Atomwaffen zu besitzen«. Das DIW habe die Fachliteratur völlig ignoriert, die reiche Auskunft über außermilitärische Faktoren in der Kerntechnikgeschichte geben könne.

Dem DIW fehlen Grundkenntnisse der Reaktorsicherheit

Ähnlich unsauber argumentiere das DIW mit seiner dritten These, der »Gefährlichkeit« der Kernenergie, bemängeln die Autoren der atw-Analyse. Hier bemühe sich das DIW erst gar nicht, eine seriöse Forschungsdiskussion zu führen. Das Institut behandle Veröffentlichungen von Anti-AKW-NGOs wie Fachliteratur. Neutrale wissenschaftliche Publikationen jedoch zitiere das DIW manipulativ und selektiv. Sachverhalte der Reaktorsicherheit und der Strahlenbiologie seien falsch dargestellt und teilweise in ihr Gegenteil verkehrt. Um kerntechnische Risiken einschätzen zu können, brauche man zumindest Grundkenntnisse der Reaktorsicherheitsforschung. Diese jedoch, so Wendland und Peters, fehlten den DIW-Autoren.

Kernenergie ähnelt Erneuerbaren

Am Schluss ihrer Analyse verweisen Wendland und Peters auf einen weiteren interessanten Aspekt: Was das DIW als Besonderheit der Kernenergie darstelle, sei bei der Einführung neuer Technologien häufig üblich gewesen. Das Geldverdienen war in solchen Anschubphasen nie das Hauptmotiv. Politische Gründe, das Streben nach Technologieführerschaft und Prestige spielten eine wichtige Rolle. Das sei in der Kerntechnik so gewesen, aber zum Beispiel auch bei der Raumfahrt.

Ein Paradebeispiel für das Fehlen ökonomischer Motive sei übrigens die deutsche Energiewende. Die erneuerbaren Energien seien von der Bundesregierung vor allem aus politischen und ethischen Gründen vorangetrieben worden, die Wirtschaftlichkeit blieb außen vor.

Doch auch mit Blick auf die Strommärkte gleiche die Kernenergie den Erneuerbaren: Wenn CO2-Emissionen bepreist würden, könne sie als CO2-armer Erzeuger davon genauso profitieren wie Sonnen- und Windenergie. Weil Kernkraft außerdem eine planbare Energiequelle sei, könne sie netzstabilisierende Systemleistungen erbringen und gerade in Stromnetzen mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien hohe Vergütungen erwirtschaften. Dies sei Konsens in der seriösen internationalen Fachliteratur.

Das Motiv des DIW: Kernenergie ist tabu, basta

Doch warum erlaubt sich das DIW solche Abweichungen von wissenschaftlichen Standards? Anna Veronika Wendland vermutet mehrere Motive: »Das DIW hat sich seit geraumer Zeit einseitig auf die erneuerbaren Energien konzentriert. Aus seiner Rolle als Energiewende-Erklärer und -Erforscher bezieht es Gutachterpositionen, Drittmittel, Zugang zu Regierenden und mediale Aufmerksamkeit. Wenn wir nun plötzlich weltweit wieder eine Diskussion haben, die Kernenergie als wichtiges Instrument einer Klimastrategie anerkennt, dann sieht das DIW seinen eigenen Status gefährdet. Es hält ja die Atomkraft für einen Feind der Erneuerbaren. Deswegen will es diese Diskussion mit einer Basta-Ansage abwürgen. Das DIW hat Angst um seine Diskurshoheit – und wer Angst hat, macht Fehler. Aber auch wer sich seiner Sache allzu sicher ist, macht Fehler. Ich glaube, die Kollegen dort haben nicht damit gerechnet, dass jemand sich die Mühe macht, dieses Papier zu prüfen, Aussage für Aussage, Fußnote für Fußnote.«

Über die Nuklearia

Nuklearia

Der Nuklearia e.V. ist ein gemeinnütziger, industrie- und parteiunabhängiger Verein zur Förderung der Kernenergie. Wir sehen in der Kernenergie eine wesentliche Säule der Energieversorgung. Fortschrittliche Reaktoren arbeiten sicher, sauber und nachhaltig. Atommüll lässt sich in Schnellen Reaktoren als Brennstoff nutzen.

Anders als erneuerbare Energien steht Kernenergie jederzeit in ausreichender Menge zur Verfügung und verbraucht keine großen Landflächen. Im Unterschied zu Kohle oder Gas ist Kernenergie CO2-arm und vermeidet Luftverschmutzung.

Kenntnisse über Kernenergie sind in Deutschland rar geworden. Das wollen wir ändern.

Über die Nuklearia

Die Nuklearia ist ein gemeinnütziger, industrie- und parteiunabhängiger eingetragener Verein, der die Kernenergie als Chance begreift und darüber aufklären will. Wir sehen die Kernkraft als besten Weg, die Natur und das Klima zu schützen und gleichzeitig unseren Wohlstand zu erhalten. Denn Kernenergie ist emissionsarm, braucht sehr wenig Fläche und steht jederzeit zur Verfügung. Unser Ansatz ist wissenschafts- und faktenbasiert, unsere Vision humanistisch: erschwingliche und saubere Energie für alle.

17 Antworten

  1. Danke für die Überprüfung. Das Ergebnis ist leider wenig überraschend. Das DIW ist ja sehr ideologisch motiviert, statt ergebnisoffen zu forschen.

  2. Frau Prof. Kemfert ist bereits in der Vergangenheit des öfteren durch ihre negative Einstellung zur Kerntechnik aufgefallen. Ob sie in der Lage ist das alles physikalisch zu beurteilen, daran muss gezweifelt werden. Es ist traurig zu sehen, wie unqualifizierte „Wissenschaftler“ unsere Bundesregierung beraten. Von einem Wissenschaftler erwarte ich Neutralität. Er hat das positive wie ngative ohne Wertung darzustellen, damit die Empfänger der Studie sich ein obk´jektives Bilkd machen können. Ich empfehle allen die sich zu infomieren haben, den Beitrag von Simeon Preuß anzuschauen.
    Aber was soll es, es ist nun mal so das Politik Wissenschaft tötet. Für was habe ich jahrelang Kerntechnik in Aachen, Jülich und der KFA Jülich studiert, wenn ich mir anschließend sagen lassen muss, das ich keine Ahnung habe.
    Viele Grüße
    HTR (Dipl.-Ing. Kerntechnik)

  3. Na dann nehme man doch einfach mal den gesunden Menschenverstand und schauen auf aktuelle Daten zur Kernenergie. In Wikipedia heißt es zu Hinkley Point C1 und C2: „Mit Stand 2019 ist der Bau der beiden Reaktoren 8 Jahre in Verzug, zudem ist das ursprünglich vorgesehene Budget bereits um Milliarden überschritten. Die garantierte Einspeisevergütung von 92,50 Pfund war zu diesem Zeitpunkt bereits bei weitem höher als die Vergütung für Strom aus Offshore-Windparks in Höhe von 57,50 Pfund.“

    Also eindeutig zu teuer. Dann ein Großkraftwerk, dass als Grundlastkraftwerk ausgelegt ist und das ist heute nicht mehr zu gebrauchen.

    War da nicht etwas mit teurem Abbau einer solchen Anlage, mit unkalkulierbaren Kosten bei einer etwaigen Endlagerung.

    2005 war Baubeginn des Kernkraftwerks Olkiluoto-3 und ist bis dato nicht am Netz, ungeheure Mehrkosten mit Inklusive.

    Die Zeit der Kernenergie ist vorüber. Das Zeitalter der günstigen (auch mit Speichertechnologie), friedlichen und einfach skalierbaren Erneuerbaren hat gerade erst begonnen.

    In einer Schnellprobe sprechen also die Daten eindeutig für die DIW.

    1. Ach, na ja, EDF rechnet mit einer internen Rendite von über 7 %. Scheint sich ja doch zu rechnen. Wobei Hinkley Point C nun wirklich nicht die Kernenergie repräsentiert, sondern kostenmäßig ein klarer Ausreißer nach oben ist.

      Aber was Sie schreiben, hat ja ohnehin nichts mit der Analyse der DIW-Studie zu tun.

    2. Die Blöcke 3 und 4 des Kernkraftwerks Vogtle in den USA ist knapp doppelt so teuer wie Hinkley Point C bezogen auf die Kapitalkosten pro installiertes Kilowatt – und das Unternehmen, dass die Anlage erbauen lässt, ist ein rein privates Unternehmen. Es ist durchaus nach wie vor wirtschaftlich genug, sofern man den Abschreibungszeitraum nicht auf ein Minimum setzt und die Gesamtlaufzeit betrachtet. Die letzten Anlagen waren für mindestens 30 oder 40 Jahre projektiert. Mittlerweile rechnet man mit mindestens 60 bis 80 Jahre, die Russen mit 120 Jahre.

      Was Olkiluoto-3 angeht: Die Anlage wurde für einen Festpreis in Höhe von 3 Milliarden Euro verkauft. Ähnlich wie in Taishan, China, steigt der Endpreis nicht und die Mehrkosten muss der Reaktorlieferant zahlen. Beide Anlagen sind daher absolut konkurrenzfähig. Taishan erzeugt seine Kilowattstunde für 5,8 Cent und liegt damit unter dem Preis neuer Kohlekraftwerke, die für 6,0 Cent pro Kilowattstunde erzeugen.

      1. Vom Barakah-Projekt in den VAE hört man wenig. Barakah-1 sei in time und in budget fertiggebaut (Baubeginn 2012, Fertigstellung 2016, Baukosten 6 Mrd. USD je Block eingehalten) und befinde sich derzeit in der Testphase, die mir allerdings recht lange erscheint, was vielleicht damit zusammenhängt, dass der Regulator nicht so schnell aufgebaut werden kann, um alle Tests zu überwachen. Parallel werden Barakah-2 bis -4 gebaut. Erst im Juli 2019 wurde das Kraftwerkspersonal zertifiziert.

        Was erzählt man sich in der Industrie über das Projekt?

  4. Ich vermisse irgendwie die vielen Mrd. D-Mark und Euro, die als Subventionen in die Kernenergie gelaufen sind und noch laufen. Die Kernkraftwerksbetreiber haben ja grade die unkalkulierbaren Kosten für die Endlagerung an den Staat abgegeben. Gezahlt wurde via Font und Rücklagen.
    Kernkraft war einmal. Allenfalls die Kern-Fusion hat noch potential.

    1. Sie verwechseln offenbar Kernenergie mit Erneuerbaren. Zumindest in Deutschland hat Kernkraft keine Subventionen erhalten, sondern lediglich Forschungsförderung.

      Für die Entsorgung haben die Betreiber 24 Milliarden Euro gezahlt. Warum haben Sie die eigentlich nicht erwähnt? Das ist ja kein Pappenstiel!

      Finnland baut gerade sein Endlager für einen niedrigen einstelligen Milliardenbetrag. Wenn bei uns 24 Milliarden nicht reichen sollten, dann liegt das daran, dass sie nicht reichen sollen. Das würde ja in das Schema passen, alles, was mit Kernenergie zusammenhängt, gewollt zu verteuern.

      1. Wann geht das Märchen von der Nicht-Subventionierung eigentlich mal zu Ende?
        Angesichts „50 Jahre Atomkraft in Deutschland“ schrieb die WiWo:
        „Vor 50 Jahren besiegelte der Freistaat Bayern den Beginn der kommerziellen Atomstrom-Ara in Deutschland. Seit dem tobt der Kampf um die Nutzung der Atomenergie. Am 24. Juli 1962 gründeten der Stromkonzern RWE und das damalige Bayernwerk (heute E.On) eine Gesellschaft, die den Betrieb eines Atomkraftwerks (AKW) in Gundremmingen im Donauried vorsah. Es sollte das erste Groß-AKW in Deutschland werden. Fünf Jahre später ging Block A in Betrieb. „Der Block A diente als großtechnisches Demonstrationskraftwerk und erbrachte den Nachweis, dass die Nutzung der Kernenergie auch im industriellen Maßstab möglich ist. Er war für einige Zeit das leistungsstärkste Kernkraftwerk der Welt“, sagt eine RWE-Sprecherin.
        Die Gesamtkosten für das geplante AKW wurden damals auf 345 Millionen Deutsche Mark veranschlagt. Die Kernkraftwerk RWE-Bayernwerk GmbH musste rund ein Drittel der Baukosten selbst aufbringen. Den Rest übernahmen ERP-Kredite von der Mittelstandsbank KfW, Bürgschaften der Bundesregierung sowie die Atomgemeinschaft Euratom.

        Der Bund verpflichtete sich, einen Großteil möglicher Betriebsverluste zu übernehmen, die Betreiber verpflichteten
        sich dagegen, den im AKW erzeugten Strom auch abzunehmen.“

        Ja, ja – keine Subventionen in Deutschland – war wohl nur Forschung …

  5. Eine gute Analyse der DIW Studie. Meine eigenen Beobachtungen über die mangelnde Seriosität der Arbeiten von Frau Kemfert wurden wieder einmal bestätigt. In einer Medien- und politischen Landschaft wo Journalisten ungeprüft Aussagen übernehmen müssen, da sie über keine naturwissenschaftlichen Kenntnisse verfügen, haben Berater, deren Geschäftsmodell auf der Dummheit und Manipulierbarkeit der Menschen beruht, Hochkonjunktur. Sogenannte Faktenprüfung beschränkt sich ja heute auf Quellenprüfung und nicht auf eine unabhängige Prüfung des Sachverhalts. Ohne Sachkunde ist dies ja auch nicht möglich. Es ist gut, dass man jetzt (wieder) einmal die fehlende Sachkunde des DIW in Bezug auf Technik und Technologieentwicklung enttarnen konnte.

  6. Können Sie bitte die Quelle für die Großhandelspreise offenlegen, aktuell liegt der Durchschnittswert für eine MWh am Dayahead Markt bei ca. 40€. Laut Ihrer seriösen Schätzung müssten sich diese Großhandelspreise in den nächsten fünf Jahren mehr als verdoppeln.
    Was kontraproduktiv für E-Mobilität oder „grünen Wasserstoff“ wäre.
    In den letzten Jahren waren die Großhandelspreise auf Grund der erneuerbaren Energien rückläufig.

    1. Ingo, die Großhandelspreise waren nur bis 2016 rückläufig. Der Tiefpunkt lag bei wenig über 20 Euro/MWh, wodurch fast alle Kraftwerke außer Kern- und Braunkohlekraftwerke noch profitabel waren. Steinkohle- und Gaskraftwerke wurden „auf Verschleiß“ gefahren, es wurde also nur noch das Nötigste an Wartung gemacht. Seither haben sich die Börsenpreise bereits mehr als verdoppelt. Setzen wir unsere Energiepolitik fort, die einseitig auf wetterabhängige Stromerzeuger setzt, alle Kernkraftwerke und ca. 12.000 MW an Kohlekraftwerke abschaltet, dann lässt sich aus der Merit Order absehen, dass schon 2022 immer wieder Gaskraftwerke bei ca. 60-90 Euro/MWh preissetzend sind, weil alle anderen – günstigeren – Kraftwerke bereits laufen. Werden die hocheffizienten GuD-Kraftkwerke, die für den Dauerbetrieb ausgelegt sind, durch Gasmotorenkraftwerke ersetzt, dann wird’s noch teurer, ca. 100-150 Euro/MWh, in diesen Stunden. Mit CO2-Bepreisung werden sich die Börsenstrompreise weiter erhöhen.

      Der Markt gliedert sich dann in zwei Phasen auf: Entweder kann der Verbrauch durch Umgebungsenergien mit Grenzkosten Null Euro/MWh abgedeckt werden, zu diesen Stunden wird der Preis an der Börse dann auch in dieser Größenordnung liegen. Oder Wind und Sonne reichen zur Bedarfsdeckung nicht aus, dann wird es Preisspitzen geben, die noch wesentlich über die oben genannten Spannen hinausreichen werden. Weil sich das Wetter statistisch erfassen lässt, kann man berechnen, wie viel Stunden jeweils das eine oder das andere Szenario gilt, und dann einen Mittelwert bilden.

      Ich habe solche Strompreisanalysen mehrere Male für Kunden aus der Energiewirtschaft geschrieben, weiß aber, dass die Analysen von Lahmeyer, Bloomberg etc. alle recht ähnlich darin sind. Interessanterweise haben sich diese Erkenntnisse noch nicht bis zu den Tradern an der Strombörse durchgesetzt, aber das ist ein anderes Thema.

  7. Die deutsche Flotte der kommerziellen Atomkraft hat bis zum Jahre 2017 einen Lastfaktor von 56% erreicht. Das entspricht 4900 Volllaststunden – und damit ist das DIW deutlich näher an der Realität, als die atw-Publikation. Daten dazu findet bei BDEW und bei Wikipedia. Rechnen muss man das selber. Nicht berücksichtigt hab ich dabei, das Atomkraftwerke während der jährlichen Revisionsarbeiten und auch bei sonstigem Stillstand tatsächlich veritable Energieverbraucher sind. Vermutlich in Höhe des üblichen Eigenbedarfs (5% der Bruttoleistung), da ja die gesamte Kühlanlage weiterlaufen muss Wer dazu Zahlen hat – also der Stromverbrauch im Shutdown – ich wäre neugierig drauf.

    1. Knapp daneben ist auch vorbei.

      „Dem-gegenüber dürfte das DIW die An-zahl der Volllaststunden mit nur etwa 3.400 h/a angesetzt haben. Dies entspricht dem Erwartungs-wert des deutschen Kraftwerks-parks als Ganzem, wie wir aus eigenen Berechnungen wissen. Dieser niedrige Wert ergibt sich vor allem aus der Tatsache, dass Wind- und Solarkraftwerke tageszeit- und wetterbedingt nur eine ver-gleichsweise geringe Anzahl von Volllaststunden beitragen können – eine Einschränkung, der Kern-kraftwerke nicht unterworfen sind. Die Wahl des Parameters Voll-laststunden des DIW steht im Übrigen im Widerspruch zum vom DIW selbstformulierten Anspruch, historische und internationale Daten verwendet zu haben.“

  8. Nach der Wikipedia –> Uranwirtschaft reichen die Uranvorräte ohnehin nur 80
    Jahre. Diese Rechnung bezieht sich auf die gegenwärtige Technik, die nur etwas U235 verbrennt und den Rest in Castoren packt. Um die Reichweite zu erhöhen braucht es eine bessere Ausnutzung des Kernbrennstoffs, und daher schnelle Brüter und Wiederaufarbeitung. Dann wird auch die Gewinnung aus dem Meerwasser interessant, und wirtschaftlich. Dann würde es sich lohnen, sich auf die Kerntechnologie einzulassen, denn sie könnte den Energiebedarf der Menschheit für sehr lange Zeit decken. Allerdings überzeugt die
    GEGENWÄRTIGE Technik nicht, wenn man die Umweltberichte über die WAA in
    Sellafield und La Hague liest. Können sie es nicht besser trennen oder drücken sie sich nur um die Kosten ?

  9. Das KKW Neckarwestheim 2 hat im Jahr 2021 11,2 TWh = 11.200.000 MWh Strom erzeugt. Die Nennleistung beträgt 1400 MW. Daraus ergeben sich 11.20.0000 MWh : 1400 MW = 8000 Vollaststunden. Das DIW betreibt reine Desinformation. Laut Landesumweltamt in Baden-Württemberg hat Windkraft im Jahr 2020 insgesamt 2,95 TWh Strom erzeugt bei einer installierten Leistung von ca. 1650 MW im Netz von TransnetBW. Damit hat Neckarwestheim 3,8 mal so viel Strom erzeugt wie rund 750 Windräder im Land. So sieht die Realität aus.

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