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Saporischschja-Chronik

Letzte Aktualisierung: 5. September 2022

Das ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja hat durch die russische Besatzung seit Anfang März 2022 weltweite Aufmerksamkeit erregt. Wir stellen hier eine chronologische Zusammenfassung der Ereignisse zusammen. Neue Angaben ergänzen wir, bestehende Informationen aktualisieren wir, wo nötig. Also gerne immer wieder mal reinschauen! Da die Lage sehr dynamisch ist und sich schnell ändern kann, können wir die Aktualität der Angaben nur unter Vorbehalt gewährleisten. Die Chronik gibt lediglich die angegebenen Quellen wieder und beinhaltet nur diese originalen Angaben. Nicht alle Meldungen sind unabhängig überprüfbar. Wir empfehlen, der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) auf Twitter zu folgen.

Standort

Das Kernkraftwerk Saporischschja befindet sich am linken Ufer des Dnepr am Kachowkaer Stausee. Es befindet sich west-nordwestlich der Arbeiterstadt Enerhodar. Die Kühlung erfolgt durch einen eigenen Kühlsee. Detaillierte Informationen zum Status der einzelnen Blöcke bietet der Betreiber Energoatom derzeit nicht an.

Die Karte unten zeigt die Hauptanlage. Farbige Punkte bezeichnen jeweils zusammen mit einem Datum besondere Ereignisse. Diese sind in der darunter folgenden Tabelle näher aufgeschlüsselt.

Satellitenaufnahme des Kernkraftwerks Saporischschja mit roten Ereignissen (von Besatzern verursacht) und blau-gelben Ereignissen (von ukrainischer Seite verursacht). Die schraffierten Flächen sind die von Russland laut Beschreibungen verminte Flächen. (Aufnahme: Google Earth)

Namen und Abkürzungen

  • Energoatom: Ukrainischer Stromversorger, Betreiber des Kernkraftwerks Saporischschja
  • IAEA: Internationale Atomenergiebehörde
  • SNRIU: Ukrainische Atomaufsichtsbehörde
  • WENRA: Western European Nuclear Regulators Association, Verband westeuropäischer Atomaufsichtsbehörden
  • Akteure: 🇺🇦 Ukrainische Akteure; 🇷🇺 Russische Akteure; 🇺🇳 Organisation der Vereinten Nationen; ℹSonstige Info

Ereignisse

DatumBeschreibungVerweise
5. September 2022ℹ Beschädigung der letzten verfügbaren 750-kV-Übertragungsleitung und von zwei 330-kV-Übertragungsleitungen. Aufgrund des daraus resultierenden Verlusts der externen Stromanbindung an das Kernkraftwerk wurde Block 6 vom Stromnetz getrennt und ein Lastabwurf auf Eigenbedarf durchgeführt. Der Block deckt den Eigenbedarf des Kernkraftwerks alleine vollständig.Telegram Energoatom
Telegram SNRIU
5. September 2022🇺🇳 Abschluss der eigentlichen ISAMZ-Mission der IAEA. Vier von sechs Inspektoren haben das Kernkraftwerk verlassen. Die verbleibenden zwei Inspektoren werden dauerhaft am Kernkraftwerk bleiben.Telegram Energoatom
Telegram SNRIU
3 September 2022ℹ Beschädigung einer 750-kV-Übertragungsleitung. In der Folge kam es um 19:35 Uhr zur Netztrennung und Abschaltung von Block 5. Block 6 ist weiterhin in Betrieb.Telegram Energoatom
2. September 2022🇺🇳 Pressekonferenz von IAEA-Generaldirektor Mario Grossi zu den vorläufigen Ergebnissen der Situationsanalyse am Kernkraftwerk. Details siehe Abschnitt Situation im KernkraftwerkYoutube IAEA
1. September 2022🇺🇳 Eintreffen der ISAMZ-Mission der IAEA am Kernkraftwerk Saporischschja. Am Abend hat das Team bis auf 5 Personen das Kernkraftwerk verlassen. Die Mission ist bis zum 3. September angesetzt.Twitter IAEA
Telegram Energoatom
Twitter Video
Telegram Energoatom
Twitter AFP Video
Twitter Rafael Grossi
1. September 2022ℹ Beschädigung der 330-kV-Eigenbedarfsversorgung. In der Folge kam es zu einer Reaktorschnellabschaltung um 4:57 Uhr in Block 5 und zu einem Verlust der Eigenbedarfsversorgung mit Anfahren der Notstromdieselgeneratoren im abgeschalteten Block 2.Telegram Energoatom
29. August 2022🇺🇳 Aufbruch der »Support and Assistance Mission to Zaporizhzhya« (ISAMZ) von Wien aus in die Ukraine.Twitter Rafael Grossi
26. August 2022🇷🇺 🇺🇦 Wiederholter Beschuss des Standorts. Sowohl Russland als auch die Ukraine erklären sich gegenseitig für den Angriff als verantwortlich. Drei Einschläge im Spezkorpus 1.Telegram Energoatom
Spiegel Online
Twitter Maxar
25. August 2022ℹ Zwei Ausfälle hintereinander der 750-kV-Hochspannungsleitung Kernkraftwerk Saporischschja–Dniprovska. In der Folge kam es zu einer Reaktorschnellabschaltung um 12:29 Uhr in Block 5 und um 14:14 Uhr in Block 6. Damit waren erstmals seit Inbetriebnahme alle Blöcke gleichzeitig abgeschaltet.Telegram Energoatom
Telegram SNRIU
22. August 2022🇷🇺 Eintreffen neuer Militärfährzauge der Besatzer. Damit sind mehr als 40 Fahrzeuge vor Ort, davon:
  • 16 Fahrzeuge in Block 1 abgestellt.
  • 7 Fahrzeuge in Block 2 abgestellt.
  • 12 Fahrzeuge unter den überirdischen Laufverbindungen zwischen den Blöcken und dem Spezkorpus.
Telegram Energoatom
Telegram Energoatom
20. August 2022ℹ Beschädigung einer der überirdischen Laufverbindungen zwischen den Blöcken und dem SpezkorpusTelegram Energoatom
19. August 2022🇺🇦 Beschluss der SNRIU zur Änderung der Betriebslizenz der Blöcke 1 und 2 und Überführung in einen Langzeitstillstand:
  • Block 1 verbleibt bis auf weiteres im abgeschalteten Zustand des Brennstoffwechsels.
  • Block 2 wird abgeschaltet, in den unterkritischen kalten Zustand abgefahren und verbleibt dann bis auf weiteres in diesem Zustand.
Telegram SNRIU
19. August 2022🇷🇺 Beschuss in den frühen Morgenstunden im Bereich des Trainingszentrums durch das russische Militär, jeweils ein Schuss abgegeben vom Rücklaufkanal und vom Busbahnhof in EnerhodarTelegram Energoatom
11. August 2022🇺🇳 Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen einberufen aufgrund des Angriffs am gleichen Tag. IAEA-Generaldirektor Grossi stellt keine unmittelbare Bedrohung fest. Die Situation könne sich allerdings jederzeit ändern. Die IAEA und die Vereinigten Staaten fordern Expertenmission zum Kernkraftwerk. Tagesschau
11. August 2022🇷🇺 Beschuss der Anlage durch die Besatzer:
  • 5 Einschläge im Bereich der Schweißerei, nahe dem Lager für radioaktive Feststoffe und dem Büro des Kraftwerksschutz.
  • 5 Einschläge nahe der Werksfeuerwehr, die abseits des Geländes entfernt liegt.
  • Schichtwechsel war wegen des Beschusses nicht durchführbar.
Telegram Energoatom
Telegram Energoatom
Telegram Energoatom
10. August 2022🇺🇦 🇺🇳 Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba beantragt bei den Vereinten Nationen und der IAEA eine internationale Mission zum Kernkraftwerk Saporischschja.Telegram KKW Saporischschja
10. August 2022ℹ G7-Statement zur Unterstützung der IAEA-Bemühungen US Department of State
9. August 2022🇺🇦 Prüfung der SNRIU über die Änderung der Betriebslizenz für Block 1 und 2, um diese in den Langzeitstillstand zu überführen. Deutsche Welle (ukrainisch)
8. August 2022ℹ Nach Angaben von Energoatom drohen die Besatzer, das Kernkraftwerk zu verminen oder bereits vermint zu haben und notfalls zu sprengen. Das Institute for the Study of War (ISW) vermutet dahinter eine Falschmeldung. Der ukrainische Geheimdienst bestätigte am gleichen Tag die Verminung der Anlage. Ukrinform/Energoatom
ISW
Ukrinform/Geheimdienst
6. August 2022🇷🇺 Beschuss der Anlage durch russische Besatzer, Einschlag nahe des Trockenlagers für abgebrannten KernbrennstoffTelegram KKW Saporischschja
5. August 2022🇷🇺 Einlagerung von Waffen, Munition und Fahrzeugen in die Maschinenhalle von Block 2 durch die russischen BesatzerTelegram Energoatom
5. August 2022 🇷🇺
  • Beschuss und Beschädigung der 330-kV-Reservehochspannungsleitung zwischen Kernkraftwerk und Wärmekraftwerk Saporischschja, Reaktorschnellabschaltung Block 3 und Anregung des Blockschutzes mit Anfahren der Dieselgeneratoren (14:30 h).
  • Beschuss und Schäden an der Stickstoff-Sauerstoff-Station (Abendstunden).
  • Beschuss und Schäden am gemeinsamen Hilfsanlagengebäude (Spezkorpus) (Abendstunden)
Twitter Video
WENRA Report
Telegram KKW Saporischschja
Telegram KKW Saporischschja
2. August 2022🇷🇺 Eintreffen eines russischen Militärkonvois am Kernkraftwerk.Telegram KKW Saporischschja
25. Juli 2022ℹ Entführung von 100 Arbeitern seit der Eroberung (laut Energoatom) Vesti UA
22. Juli 2022🇺🇦 Gegenoperation der Ukraine:
  • Beschuss eines Fahrzeugs an den Sprühteichen.
  • Beschuss von Gruppenzelten der russischen Armee (abgebrannt).
Video des Geheimdienstes
21. Juli 2022🇷🇺 Einlagerung von Waffen, Munition und Fahrzeugen in die Maschinenhalle von Block 1 durch die russischen Besatzer (laut Energoatom) Facebook Energoatom
20. Juli 2022🇺🇦 Gegenoperation der Ukraine:
  • Beschuss von militärischen Stellungen am Kraftwerk.
  • 11 verletzte Personen.
The Telegraph
18. Juli 2022🇷🇺 Besatzer dringen in einen nicht näher spezifizierten Raum im Sicherheitsbereich ein und entwenden Ausweise von Mitarbeitern Ukrinform
12. Juli 2022🇷🇺 Die Besatzer verschießen vor dem Kernkraftwerk Munition, um Pressefotos für Russland zu erzeugen.Telegram Energoatom
8. Juli 2022🇺🇦 Die SNRIU weist auf fehlende Ersatzteile im Kernkraftwerk Saporischschja hin. SNRIU-Pressemitteilung
29. Juni 2022🇺🇳 Erneute Unterbrechung der Datenübertragung aus dem Kernkraftwerk Saporischschja an die IAEA IAEA-Pressemitteilung
29. Juni 2022🇷🇺 Nach Angaben des Bürgermeisters von Enerhodar, Dmytro Orlow, verstirbt am 3. Juli ein Taucher des Kernkraftwerks durch Folter nach seiner Weigerung, in einen der Sprühteiche zu tauchen, auf dessen Grund die Besatzer versteckte Munition und Waffen vermuten. Facebook Energoatom
Telegram Ukraine NOW
Zn.ua
Daily Mail
12. Juni 2022🇺🇳 Wiederherstellung der Datenübertragung aus dem Kernkraftwerk Saporischschja an die IAEA IAEA-Pressemitteilung
9. Juni 2022🇺🇳 IAEA-Generaldirektor Grossi betont in einem Appell an die SNRIU die Wichtigkeit einer IAEA-Mission zum Kernkraftwerk Saporischschja. IAEA-Pressemitteilung
30. Mai 2022🇺🇳 Unterbrechung der Datenübertragung aus dem Kernkraftwerk Saporischschja an die IAEA
26. Mai 2022🇺🇦 🇺🇳 Die SNRIU lehnt die am 17. Mai vorgeschlagene Inspektion der IAEA ab, solange die Anlage unter russischer Kontrolle steht. SNRIU-Pressemitteilung
17. Mai 2022🇺🇳 Vorschlag der IAEA, den Standort Saporischschja zu inspizieren. IAEA-Update 76
28. April 2022ℹ Aufgrund von Beschädigungen einer Hochspannungsleitung werden alle Blöcke vom Netz getrennt und erzeugen nur noch Strom für den Eigenbedarf. Ukrainian News
26. April 2022🇺🇦 Lieferung von Ersatzteilen durch Energoatom in das KernkraftwerkTelegram KKW Saporischschja
19. März 2022ℹ Reparatur und Inbetriebnahme einer Hochspannungsleitung, die bei der Einnahme am 4. März beschädigt wurde WENRA-Positionspapier
18. März 2022ℹ Wiederherstellung der Stromversorgung der Hochspannungsleitung Kachowska (zwei von vier im Betrieb) Facebook SNRIU
16. März 2022ℹ Verlust von drei der vier abführenden 750-kV-Hochspannungsleitungen und der 330-kV-Reserveleitung WENRA-Positionspapier
Telegram Energoatom
16. März 2022ℹ Schichtwechsel wiederaufgenommenTelegram Energoatom
14. März 2022🇷🇺 Sprengung von Munition am KernkraftwerkTelegram Energoatom
Telegram Energoatom
12. März 2022🇷🇺 Eintreffen von 11 Personen von Rosatom und Rosenergoatom am Kernkraftwerk, davon 8 identifiziert:
  • 4 aus dem Kernkraftwerk Balakowo
  • 2 aus dem Kernkraftwerk Rostow
  • 1 aus dem Kernkraftwerk Bilibino
  • 1 aus der Verwaltung von Rosenergoatom
Telegram Energoatom
Telegram Energoatom
Telegram Energoatom
10. März 2022🇷🇺 Verminung der Ufer des Kühlsees und des Kachowkaer StauseesTelegram Energoatom
Telegram Energoatom
4. März 2022🇷🇺 Einnahme des Kernkraftwerks:
  • Beschuss und Beschädigung des Trainingszentrums
  • Beschuss und Beschädigung des Verwaltungsgebäudes
  • Beschädigung einer Fernwärmeleitung
  • Einschlag eines Geschosses im Trockenlager
  • Schichtwechsel eingestellt
  • Der Angriff wurde durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilt.
Nuklearia, Vereinte Nationen

Situation im Kernkraftwerk

Am 2. September 2022 stellte Grossi die Ergebnisse der »IAEA Support and Assistance Mission to Zaporizhzhya« in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vor, in der die Situation im Kernkraftwerk Saporischschja anhand der sieben Pfeiler bewertet wurde. Die Situation wird anhand der Ampelfarben von grün (gut) über gelb (mäßig) bis rot (schlecht) bewertet. Die entsprechenden Begründungen für die jeweilige Einstufung sind in der untenstehenden Grafik aufgeführt.

7 Pfeiler der nuklearen Sicherheit

IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi stellte im März 2022 im Rahmen einer Pressekonferenz sieben Pfeiler der nuklearen Sicherheit vor, sieben Bedingungen, die immer erfüllt sein müssen.

Weiterführende Informationen

Generelles und Aktuelles:

Ereignisse:

Situierung:

Über die Nuklearia

Die Nuklearia ist ein gemeinnütziger, industrie- und parteiunabhängiger eingetragener Verein, der die Kernenergie als Chance begreift und darüber aufklären will. Wir sehen die Kernkraft als besten Weg, die Natur und das Klima zu schützen und gleichzeitig unseren Wohlstand zu erhalten. Denn Kernenergie ist emissionsarm, braucht sehr wenig Fläche und steht jederzeit zur Verfügung. Unser Ansatz ist wissenschafts- und faktenbasiert, unsere Vision humanistisch: erschwingliche und saubere Energie für alle.

Eine Antwort

  1. Warum sollten Besatzer ein Kernkraftwerk beschießen, das sie selber besetzen, nachdem die Ukrainische Regierung behauptet hat, dass ihre Truppen von auf diesem Kraftwerksgelände aus beschossen wurden?

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