Einstweilige Verfügung: Dual-Fluid-Reaktor nun doch für GreenTec Awards nominiert

Berliner Kammergericht: Rauswurf des Dual-Fluid-Reaktors aus Umweltwettbewerb nicht rechtens. GreenTec Awards müssen Denominierung zurücknehmen.

Bei Wettbewerben ist es üblich, den Rechtsweg auszuschließen. Unüblich ist jedoch, die Regeln während des laufenden Wettbewerbs zu ändern, um einen mißliebigen Kandidaten am Weiterkommen zu hindern. Wer so etwas tut, kann durchaus vor dem Kadi landen, ganz egal, ob er den Rechtsweg ausgeschlossen hat oder nicht.

Das mußte gerade der renommierte Umweltpreis GreenTec Awards erfahren. Ein Online-Publikumsvotum nominierte den Dual-Fluid-Reaktor (DFR) des Berliner Instituts für Festkörper-Kernphysik (IFK) für die Endrunde.

»Der DFR entspricht genau den Kriterien der GreenTec Awards«, schwärmt Dr. Götz Ruprecht vom IFK. Der Reaktor sei umweltfreundlich, nachhaltig und ökonomisch, indem er ohne CO2-Emissionen und bei geringstem Flächenverbrauch große Mengen preiswerten Strom und Kraftstoff erzeugt. Und er beseitige Schadstoffe, nämlich den Atommüll bestehender Kernkraftwerke. »Der DFR zählt zu den Schnellspaltreaktoren und kann diese Abfälle daher als Brennstoff nutzen«, erläutert der Kernphysiker. »Mit den heute üblichen Kernkraftwerken geht das überhaupt nicht. Der DFR aber macht es sogar noch auf eine besonders effiziente Weise.«

Veranstalter und Jury der GreenTec Awards mochten sich dieser Sichtweise jedoch nicht anschließen. Sie konnten sich ausgerechnet einen Kernreaktor in der Endrunde ihres grünen Wettbewerbs nicht vorstellen. Daher konstruierten sie eine nachträgliche Regeländerung und warfen den DFR aus dem Rennen. Das Publikumsvotum sollte nichts mehr gelten, sondern allein die Entscheidung der Jury.

Doch diese Denominierung müssen die GreenTec Awards wieder rückgängig machen, beschloß das Berliner Kammergericht in zweiter Instanz (Az. 25 W 22/13) und gab dem Antrag der DFR-Macher auf einstweilige Verfügung statt. Die Greentec Communications GmbH muß das Ergebnis der Online-Abstimmung hinnehmen, den DFR gemäß der ursprünglichen Wettbewerbsregeln behandeln und ihn für die Endrunde zulassen. Die Jury muß daher erneut über den Gesamtsieger abstimmen und den Dual-Fluid-Reaktor dabei als Kandidaten berücksichtigen. Außerdem hat der DFR das Recht auf einen Filmbeitrag durch ProSieben und auf eine angemessene Präsentation bei der GreenTec-Awards-Gala am 30. August. Der Beschluß ist unanfechtbar; Greentec Communications trägt die Kosten des Verfahrens.

Ausführliche Informationen über den Dual-Fluid-Reaktor finden sich nicht nur auf dessen Homepage, sondern auch in der dreistündigen Tonaufzeichnung des Nuklearia-Mumbletreffens vom 27. Juni 2013.

International bekannt wurde die Posse um die GreenTec Awards durch meinen Blogbeitrag “How To Stash A Nuclear Reactor Away”. Dort sind auch sämtliche anderen mir bekannten Beiträge zu dieser Affäre verlinkt.

Update

Injunction: Dual-Fluid Reactor Nominated For GreenTec Awards Nevertheless

Berlin Court of Appeal: Expulsion of Dual-Fluid Reactor from environmental competition was unlawful. GreenTec Awards have to undo denomination.

Excluding legal action from contests is common. Unusual, however, is changing the rules during an ongoing competition in order to prevent a popular – but annoying – candidate from progressing. Who does such a thing, may well end up at court, regardless of whether he had ruled out legal action or not.

The prestigious German environmental contest GreenTec Awards just had to learn this. A public online vote nominated the Dual-Fluid Reactor (DFR) for the final.

“The DFR exactly matches the GreenTec Awards’ criteria,” says Dr. Götz Ruprecht. He is one of the DFR’s inventors from the Institute for Solid-State Nuclear Physics (IFK) in Berlin. The reactor is environmentally friendly, sustainable and economical, he says. Without CO2 emissions and with minimal land use it can generate large amounts of cheap electricity and fuel. And it eliminates pollutants, namely the spent nuclear fuel of existing nuclear power plants. “The DFR belongs to the class of fast fission reactors and can therefore use this waste as fuel,” the nuclear physicist explains. “With today’s conventional nuclear power plants this is not possible at all. However, the DFR can even do it in a particular efficient manner. “

But GreenTec Awards’ organizers and jury did not join Ruprecht’s view. They could not imagine to have a nuclear reactor in the final round of their green competition. Therefore, they constructed a subsequent rule change and threw the DFR from the race. The public vote should no longer be valid. The jury’s decision should count solely.

However, the DFR’s expulsion from the GreenTec Awards was unlawful and must be undone, the Berlin Court of Appeal decided now (case 25 W 22/13). The court also allowed the DFR makers’ application for an injunction. Greentec Communications GmbH must accept the results of the online voting, treat the DFR according to the original contest rules and allow it for the finals. Consequently, the jury must repeat its vote for the overall winner, taking into account the Dual-Fluid Reactor as a regular candidate. In addition, the IFK has the right to receive a movie about the DFR created by TV broadcaster ProSieben, one of the award’s media partners. As a nominee, the DFR must also receive an adequate presentation at the GreenTec Awards gala on August 30th in Berlin. The court’s decision is final; Greentec Communications must bear the judicial costs.

Detailed information about the Dual-Fluid Reactor can not only be found on its homepage, but also in the three-hour audio recording of the Nuklearia mumble meeting of June 27th 2013. However, it is all in German.

My blog post “How To Stash A Nuclear Reactor Away” rose some internationally awareness for the GreenTec Awards farce. All other posts regarding this affair I know about are linked there.

Update

Ein Kernreaktor für die Endrunde der GreenTec Awards

Nuklearia-Pressemitteilung

Die Veranstalter des Umweltpreises GreenTec Awards warfen den vom Publikum nominierten Dual-Fluid-Reaktor aus dem Rennen. Eine Petition und ein Offener Brief pochen auf Einhalten der Spielregeln, plädieren für grüne Kernenergie und sollen die Jury umstimmen.

Weiterlesen

Macher des Dual-Fluid-Reaktors widerlegen Kritik

Nachdem der Dual-Fluid-Reaktor durch die Posse um die GreenTec-Awards eine gewisse Bekanntheit erlangte, veröffentlichte der Kernenergiebefürworter Holger Narrog auf seiner Homepage eine Kritik am DFR. Für die Antiatompiraten war das ein gefundenes Fressen, und sie übernahmen Narrog Kritik kritiklos in ihr Blog.

Hätten sich doch Narrog und Antiatompiraten vorher inhaltlich etwas besser mit dem DFR auseinandergesetzt! Hätten sie doch nur am Nuklearia-Mumbletreffen mit den DFR-Machern teilgenommen und Kritik und Fragen geäußert! Hätten die Antiatompiraten doch Narrogs Kritik nicht einfach kopiert, sondern sich über ihre Stichhaltigkeit selbst ein paar Gedanken gemacht!

Das Institut für Festkörper-Kernphysik (IFK) veröffentlichte heute als Gastbeitrag im Nuklearia-Blog eine ausführliche Stellungnahme zu Narrogs Kritik und widerlegt die einzelnen Punkte:

Macher des Dual-Fluid-Reaktors widerlegen Kritik

Gastbeitrag von Dr. Götz Ruprecht, Institut für Festkörper-Kernphysik

Auf seiner Homepage http://kernkraftwerkderzukunft.npage.de/ veröffentlichte Holger Narrog eine Kritik am DFR, die die Anti-Atom-Piraten dankbar aufgriffen und in ihr Blog übernahmen.

Das Institut für Festkörper-Kernphysik nimmt zu dieser Kritik am Dual-Fluid-Reaktor hier Stellung. Weiterlesen

Dual-Fluid-Reaktor intensiv

Aufzeichnung des Nuklearia-Mumbles

Viel Wirbel löste ein modernes Kernreaktordesign aus Deutschland aus: Das Publikum der GreenTec Awards wählte den Dual-Fluid-Reaktor per Online-Voting in die Endrunde; die Veranstalter scheuten nicht davor zurück, die Regeln zu ändern um den ungeliebten Sieger wieder rauszuwerfen.

Der Kern des Dual-Fluid-Reaktors (Quelle: Institut für Festkörper-Kernphysik)

Was hat es mit dem Dual-Fluid-Reaktor auf sich? Wie funktioniert er? Wie kann er Atommüll als Brennstoff nutzen und dadurch beseitigen? Wie kann er außer Strom auch Kraftstoff erzeugen? Wie sieht die wirtschaftliche Seite aus? Und natürlich: Wie steht es um die Sicherheit?

Drei Stunden lang waren die Macher des Dual-Fluid-Reaktors im Nuklearia-Mumbletreffen am 27. Juni 2013 zu Gast. Dr. Armin Huke, Dr. Götz Ruprecht, Dipl.-Ing. Stephan Gottlieb und Dipl.-Phys. Daniel Weißbach vom Institut für Festkörper-Kernphysik stellten den Reaktor vor und standen den Teilnehmern Rede und Antwort.

Herunterladen und anhören

Den Mitschnitt gibt es hier als MP3-Datei zum Herunterladen:

Zum Verständnis braucht man außerdem diese Präsentation:

Aber Vorsicht: Vortrag und Diskussion sind ziemlich physik- und techniklastig!


Nuklearia-Logo

Die Nuklearia ist eine kernenergiefreundliche Arbeitsgruppe innerhalb der Piratenpartei Deutschland.