Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) ist für seine atomkritische Haltung bekannt. Seine jüngste Talkrunde »Nukleare Sicherheit als Teil der Energietransformation in Zeiten des abnehmenden Konsenses« versprach Spannung: Der etwas sperrige Titel ließ erkennen, dass das geänderte Stimmungsbild zur Kernkraft inzwischen auch bei der Behörde angekommen ist. Doch als Reaktion ergehen sich sämtliche Redner in atomkritischen Beschwörungsformeln. Nuklearia-Mitglied John Paul Adrian Glaubitz war dabei und antwortet dem BASE mit einem offenen Brief.
Sehr geehrte Damen und Herren des BASE,
ich habe am gestrigen 22.01.2024 an der BASE-Veranstaltung mit dem Titel »Nukleare Sicherheit als Teil der Energietransformation in Zeiten des abnehmenden Konsenses« teilgenommen. Ich war als Befürworter der Kernenergie vor Ort und möchte Ihnen mitteilen, dass ich mit dem Umgang der Meinung Andersdenkender auf dieser Veranstaltung nicht einverstanden war.
Sowohl die Bundesumweltministerin Steffi Lemke als auch Professor Harald Lesch haben in Ihren Ausführungen die Befürworter der Kernenergie deutlich über dem was als man Sachkritik bezeichnen würde, angegriffen. Befürwortern wurde Unwissenschaftlichkeit, Populismus und sogar die Nähe zum Rechtsextremismus vorgeworfen. Die Kerntechnik wurde mit abenteuerlichen Argumenten wie das seien ja nur nukleare Wasserkocher ins Lächerliche gezogen.
Auch wurden von Steffi Lemke und Harald Lesch sehr viel Angstmacherei betrieben, indem man z.B. die Situation um das Kernkraftwerk Saporischschja dafür nutzt, um Ängste vor einem russischen Raketenangriff auf kerntechnische Anlagen in Deutschland zu schüren. Dass dieser Logik nach auch der Forschungsreaktor FRM-II und die Anlagen in Gronau und Lingen sofort außer Betrieb genommen werden müssten, wurde dabei aber ignoriert.
Mit einer sachlichen Diskussion hat diese Art der Diffamierung Andersdenkender und Angstmacherei nichts zu tun. Auch die Tatsache, dass in der Diskussionsrunde auf der Bühne ausschließlich Gegner der Kernenergie saßen, war ein Ausdruck dafür, dass man beim BASE offensichtlich nicht an anderen Meinungen interessiert war. Gleichzeitig betonte aber Wolfram König, dass es nicht die Aufgabe des BASE sei, Stimmung gegen die Kernenergie zu betreiben. Ich halte das aber nicht für besonders glaubwürdig.
Deutschland sollte wieder sachlich über Kernkraft diskutieren
Ich würde mir wünschen, dass wir in Deutschland solche Diskussion wie die über die Kernenergie wieder zurück auf eine sachliche Ebene holen. Nahezu alle Gegenargumente, die von Frau Lemke, Herrn Lesch und auch auf der Bühne gegen die Kernenergie hervorgebracht wurden, lassen sich übrigens mit offiziellen Quellen widerlegen. So kann man in der Energiestudie 2021 der BGR nachlesen, dass das in Deutschland verarbeitete Natururan nicht aus Russland, sondern aus Kanada, den Niederlanden sowie eigenen Lagerbeständen stammt. Anlagen zur Anreicherung und Brennelementefertigung haben wir in Deutschland in Gronau und Lingen im eigenen Land.
Und wenn Kernenergie zu teuer und zu unwirtschaftlich wäre, hätte der Gesetzgeber ja mit der Kernbrennstoffsteuer keine verfassungswidrige Übergewinnsteuer eingeführt, um die Gewinne der Branche zu schmälern. Man hätte ja die angeblichen Subventionen streichen können, nur gab es diese laut Drucksache 14/8084 des Deutschen Bundestages nie. Auch das Verbot über die Änderung von §7 im AtG hätte es nie geben müssen, die Betreiber hätten die Anlagen einfach selbst aufgegeben.
Fakt ist nun mal, dass Wind- und PV-Anlagen keine gesicherte Leistung liefern und die Abschaltung von Kernkraftwerken in Deutschland dazu geführt hat, dass 19 Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 7,3 GW wieder an den Markt zurückgeholt wurden. Auch das lässt sich anhand von offiziellen Quellen belegen. Dass im Jahr 2023 in Deutschland trotzdem weniger Kohle verstromt wurde, ist auf einen massiven Einbruch in der inländischen Stromproduktion auch als Folge des Einbruchs der energieintensiven Industrie zurückzuführen. Das kann aber niemand als Erfolg feiern, im Gegenteil, das gefährdet deutsche Arbeitsplätze und letztendlich auch den Sozialstaat.
Ich hätte mir zudem von der Veranstaltung erhofft, dass man eine Diskussion darüber führt, warum der Konsens zum Atomausstieg bröckelt und ob es dafür nicht gute Gründe gibt. Um diese Frage zu erörtern, hätte man aber zwangsläufig einen Befürworter der Kernenergie wie z.B. die bekannte Technikhistorikerin Professor Anna-Veronika Wendland oder einen Vertreter des Nuklearia e.V. einladen können.
Nicht nur über Befürworter der Kernenergie sprechen, sondern mit ihnen
Stattdessen igelt man sich beim BASE offensichtlich lieber ein und möchte einen Meinungsaustausch mit Andersdenkenden in der Bevölkerung vermeiden. Das ist angesichts des geänderten Meinungsbildes zur Nutzung der Kernenergie innerhalb der Bevölkerung nicht nachvollziehbar und spricht auch nicht dafür, dass man beim BASE politisch neutral und unvoreingenommen agiert, anders als man es eigentlich von einer Behörde erwarten würde, die ja zudem nach wissenschaftlichen Standards arbeiten soll.
Vielleicht ändert sich dies ja unter der neuen Führung des BASE etwas und wir sehen in Zukunft auch Gesprächsrunden beim BASE, in denen Befürworter der Kernenergie als vollwertige Gesprächspartner eingeladen werden, so dass man nicht nur über die Befürworter, sondern auch mit ihnen spricht, so wie es sich eigentlich für eine Demokratie gehört.
Nur wenn wir in Deutschland auch wieder andere legitime Meinungen zulassen, werden wir es auch schaffen, die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden. Ich sehe gerade in den vielen grünen Kampagnen gegen die Kernenergie, gegen moderne Landwirtschaft und der industriellen Produktion von Lebensmitteln und Medikamenten einen wesentlichen Grund darin, dass es während der Coronapandemie zu teils heftigen Widerständen gegen die Impfkampagnen der Bundesregierung kam.
Man kann nun mal nicht einerseits jahrelang Stimmung gegen die Gentechnik fahren und dann erwarten, dass unbedarfte Bürger keinerlei Ängste und Ablehnung gegen Impfstoffe entwickeln, die mit Hilfe der Gentechnik entwickelt wurden. In einer modernen Industriegesellschaft sind Technologien wie Gentechnik, Kernenergie, Glyphosat und großtechnische Produktionsanlagen nun mal unabdingbar, damit die medizinische Versorgung, die Energieversorgung, die Landwirtschaft und die Versorgung mit Produkten des Alltags bezahlbar und umweltverträglich bleiben.
Mit freundlichen Grüßen,
John Paul Adrian Glaubitz
Foto: © BASE
Eine Antwort
Die gut beobachtete Abwehrhaltung des BASE gegen über der Kernkraft setzt ich der nachgelagerten BGE fort. Es findet auch seinen Ausdruck in den Vorschriften zur Endlagersuche. Als ob es zu beweisen gilt, dass Kernkraft schlecht ist weil kein Endlager sicher genug.
Wir erleben staatlich gelenkte Meinungmache.