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Was heißt eigentlich „nachhaltig“ – Ideen für ein energiepolitisches Programm

Im Programm der Piratenpartei steht noch nicht allzuviel zum Thema Energiepolitik:

Wir wollen eine langfristig sichere und umweltschonende Energie-Infrastruktur. Dies bedeutet eine Umstellung von endlichen Energieträgern auf generative und regenerative Energiequellen. Regenerative Energieträger sollen dabei nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit genutzt werden und nicht in Konkurrenz zu anderen Umweltzielen stehen. Außerdem wollen wir eine transparente dezentralisierte Erzeugerstruktur. Nur so kann eine Partizipation jedes Bürgers erreicht und Monopolstellungen verhindert werden.

Zusammengefasst soll die Energieerzeugung der Zukunft also folgende Bedingungen erfüllen:

  • Langfristig sicher bzw. nachhaltig
  • Umweltschonend
  • „generativ und regenerativ“
  • Transparent und dezentral

Um es gleich offen zu sagen: Die Formulierung „generativ und regenerativ“ muss raus. Ein Parteiprogramm sollte nach Möglichkeit keine Neologismen enthalten, da es aus offensichtlichen Gründen von der Mehrheit der Bevölkerung verstanden werden sollte, und nicht nur von Insidern!

Außerdem sind diese beiden Piratismen überflüssig, wenn bereits im Vorsatz „Langfristig sicher“ und weiter unten „nachhaltig“ gefordert wird.

Was bedeutet „nachhaltig“ genau?

Abgesehen davon, dass es inzwischen äußerst inflationär benutzt wird – heutzutage hat jede Kaffeemaschine, jeder Hut und jeder Filzpantoffel „nachhaltig“ zu sein – so dass fast schon der Gedanke naheliegt, es zum Unwort des Jahres zu ernennen, ist natürlich immer noch der ursprüngliche Sinn klar: Im Laufe der Zeit nicht verknappend, auch in Zukunft noch in unverminderter Menge verfügbar.

Streng betrachtet, trifft diese Forderung natürlich auf keine Energiequelle zu! Auch die Solarenergie wird in 5 Milliarden Jahren nicht mehr zur Verfügung stehen, wenn die Sonne die Hauptreihe verlässt, und sich zum Roten Riesen aufbläht.

Man kann also höchstens fordern: Sehr lange verfügbar, vorhaltend bis in die fernste Zukunft. Das ist interessanter, denn nun kann man quantitativ spezifizieren, wie lange verfügbar!

Wie lange ist uns lange genug? 100 Jahre? 1000, 10.000 Jahre?

Für Menschen sind bereits 1000 Jahre eine extrem lange Zeit. Man könnte also als „Nachhaltigkeitskriterium“ definieren, dass eine Ressource mindestens 1000 Jahre lang vorhalten muss! Im Zusammenhang mit dieser Forderung muss nun aber natürlich spezifiziert werden, mit welchem Tempo besagte Ressource verbraucht wird. Auch eine Wachskerze von 10 cm Länge hält ein Jahrtausend, wenn ich jedes Jahr zu Silvester einen Zehntelmillimeter von ihr abbrenne.

Bezüglich Energiequellen könnte man festlegen, dass es möglich sein sollte, mindestens 1000 Jahre lang pro Mensch 1000 Watt aus ihr herauszuziehen. Bei einer angenommenen zukünftigen Weltbevölkerung von 10 Milliarden ergibt sich damit folgende Energiemenge, die verfügbar sein muß:

[math]!W_\mathrm{gesamt} = 1000 \, \mathrm{W} \times 10^{10} \times 1000 \, \mathrm{yrs} = 10^7 \, \mathrm{GWyrs} = 3.16 \times 10^{21} \, \mathrm{J}[/math]

Nimmt man die in hochwertigen Erzen und Phosphaten vorliegenden Uranressourcen – ca. 30 Mio. t – und nutzt sie in Brütern, dann erhält man 30 Mio. Gigawattjahre (ungefähr ein Gigawattjahr pro Tonne). Verteilt auf zehn Milliarden Menschen und 1000 Jahre erhält man 3000 W. Die konventionellen Uranquellen übertreffen unsere Forderung also sogar um den Faktor 3.

Unkonventionelle Quellen wie Tonschiefer oder Meerwasser – die bei Brütereinsatz sinnvoll anzapfbar werden – verlängern die Uranressourcen sogar auf transhistorische Zeiträume hinaus – viele Jahrmillionen.

Die Forderung, dass Energieerzeugung umweltschonend sein sollte, ist vernünftig, könne aber ebenfalls näher spezifiziert werden, da „umweltschonend“ ein dehnbarer Begriff ist. Windparks stehen allgemein im Ruf, umweltschonend zu sein, aber ob das noch stimmt, wenn man riesige Flächen mit ihnen bedeckt – was nötig ist um substantielle Energiemengen mit ihnen zu erzeugen? Hier sind sicherlich oft feine Abwägungen nötig. Ein gutes Energiepolitik-Programm sollte bei diesen Abwägungen Richtlinien an die Hand geben: „Die Belastung natürlicher Lebensräume sollte in vernünftigen Grenzen bleiben“ könnte solch eine Richtlinie sein.

„Transparent und dezentral“ ist eine Lieblingsforderung der Piraten – ersteres ist sicher vernünftig, letzteres wirft zum einen die Frage auf, ob der Transparenz wirklich gedient ist, wenn an allen Ecken und Enden viele kleine Kraftwerke entstehen, zum anderen sind der dezentralen Nutzung der klassischen Erneuerbaren aufgrund ihrer geringen Flussdichten Grenzen gesetzt. Hier können kleine modulare Kernkraftwerke einspringen. Die Forderung der Dezentralität zusammen mit der Forderung nach langfristiger Verfügbarkeit bzw. Klimaneutralität ruft nach der Kernenergie.

Wie könnte ein spezifisches, sinniges Energieprogramm aussehen? Wir können die obigen Überlegungen zu folgenden Stichpunkten zusammenfassen:

  • Energiequellen sollten für über 1000 Jahre einen substantiellen Anteil am Gesamtenergiebedarf der Menschheit liefern können,
  • die von ihnen ausgehende Belastung natürlicher Lebensräume sollte sich in vernünftigen Grenzen halten,
  • wenn möglich sollte ein lokalisierter/dezentraler Aufbau möglich sein,
  • und der Transparenz ist Genüge zu leisten.

Dies hört sich meines Erachtens nach schon konkreter und greifbarer an als das bisherige Energieprogramm der Piraten. Vielleicht kann man einen Programmantrag daraus basteln…?

Über die Nuklearia

Die Nuklearia ist ein gemeinnütziger, industrie- und parteiunabhängiger eingetragener Verein, der die Kernenergie als Chance begreift und darüber aufklären will. Wir sehen die Kernkraft als besten Weg, die Natur und das Klima zu schützen und gleichzeitig unseren Wohlstand zu erhalten. Denn Kernenergie ist emissionsarm, braucht sehr wenig Fläche und steht jederzeit zur Verfügung. Unser Ansatz ist wissenschafts- und faktenbasiert, unsere Vision humanistisch: erschwingliche und saubere Energie für alle.

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