Blackout
Veröffentlicht am 2017-02-09
Von Rainer Klute
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Am vergangenen Mittwoch trat ein, wovor Kritiker der Energiewende gewarnt hatten: Stromabschaltungen, weil Sonne und Wind nicht genug Strom lieferten – allerdings nicht in Deutschland, sondern in Australiens Bundesland Südaustralien.

Was war geschehen? Australien ächzt gegenwärtig unter einer Hitzewelle mit Temperaturen von über 40 Grad Celsius. Da schalten die Menschen ihre Klimaanlagen ein, um sich etwas Kühlung zu verschaffen. Eigentlich kein Problem, produzieren die zahlreichen Solaranlagen doch genügend Strom, um die Anlagen in Betrieb zu halten.

Allerdings: Auch an diesem Tag ging in Südaustralien wie üblich und vorauszusehen am Abend die Sonne unter. Der Solarstrom versiegte. Heiß und schwül war es aber noch immer. Die Klimaanlagen blieben in Betrieb.

Stromausfälle in Südaustralien am 2017-02-08

Kein Problem, könnte man meinen – vor allem als Energiewendefreund –, hatte Südaustralien doch in den vergangenen Jahren die Windkraft so kräftig ausgebaut wie kein anderer australischer Bundesstaat, und Wind weht ja immer irgendwo. Tja, Pustekuchen, das tut er eben nicht. Auch das ist keine wirkliche Überraschung, denn Hitzewellen und Flauten gehen häufig Hand in Hand. Und so lieferten Südaustraliens Windkraftanlagen trotz großer installierter Kapazität am 2017-02-08 gehen 18 Uhr gerade mal mickrige 87 MW. Unterstützung kam zwar über Verbindungsleitungen aus benachbarten Bundesstaaten und aus konventionellen Kraftwerken, doch hatte Südaustralien im Zuge seiner Energiewende eine Reihe von Kohle- und Gaskraftwerken stillgelegt.

Insgesamt reichte die verfügbare Stromproduktion nicht aus, um den Bedarf zu decken. Um einen unkontrollierten Zusammenbruch des gesamten Stromnetzes zu verhindern, wies der Australian Energy Market Operator (AEMO) den südaustralischen Netzbetreiber ElectraNet an, einen Lastabwurf von 100 MW vorzunehmen. Das heißt: ElectraNet sollte einen Teil des Stromnetzes abschalten, damit der noch verfügbare Strom für den Rest des Netzes ausreichte. Dieser Anweisung kam ElectraNet um 18:33 Uhr Ortszeit nach. Eine Dreiviertelstunde später hatte sich die Situation soweit entspannt, daß den rund 90.000 Kunden der Strom wieder eingeschaltet werden konnte. AEMO betonte, daß auch künftig Stromabschaltungen keineswegs ausgeschlossen sind.

Stromabschaltungen auch in Deutschland?

Sind Stromabschaltungen auch in Deutschland zu erwarten? Schließlich liefern auch hierzulande Sonne und Wind ihren Strom nicht nach Bedarf, sondern nach Tageszeit und Witterung.

Nein und ja. Gegenwärtig verfügt Deutschland noch über genügend konventionelle Kraftwerke, um fehlenden Solar- und Windstrom auszugleichen. Und das ist auch sehr nötig, wie wir im Januar gesehen haben, als Sonne und Wind kaum und am 24. Januar fast gar nichts zur Stromversorgung beigetragen haben, wie »Die Welt« dokumentiert. Zum anderen ist Deutschland in das europäische Verbundsystem (EV) integriert, so daß Stromimporte aus dem Ausland Lücken ausgleichen können.

Im Prinzip jedenfalls. Denn nicht nur Deutschland, sondern auch eine ganze Reihe unserer Nachbarländer wollen Kernkraftwerke und fossil betriebene Kraftwerke eher reduzieren als ausbauen und fehlenden Strom von Nachbarn importieren. Wenn jeder importieren will, kann das natürlich nicht gutgehen.

Besonders verschärfen wird sich die Versorgungslage in Süddeutschland. Hier werden neben den Kernkraftwerken in den nächsten Jahren auch zahlreiche ältere Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Eine vom baden-württembergischen Umwelt- und Energieministerium beauftragte Studie kommt zu dem Ergebnis, daß es dadurch zu Stromlücken kommen wird, die auch Importe nicht mehr werden ausgleichen können. Spätestens ab 2022 werde in Süddeutschland nicht mehr genügend gesicherte Leistung verfügbar sein, im pessimistischen Fall bereits ab 2018. Viele Unternehmen bauen aus Sorge vor Blackouts eigene Kraftwerke, um dann nicht auf Dritte angewiesen zu sein.

Nur noch bis dahin hat Stefan Schultz recht, der in »Spiegel online« die Machbarkeit der Energiewende seltsamerweise ausgerechnet mit der Leistungsfähigkeit der konventionellen Kraftwerke zu verteidigen versucht. Diese Kraftwerke sicherten die deutsche Versorgung auch zu Zeiten von Dunkelflauten. Das sei auch künftig der Fall, denn die Betreiber dürften unrentable Kraftwerke nur mit Genehmigung der Bundesnetzagentur stillegen. Bei Engpässen könne sie die Betreiber anweisen, ihre Anlagen auch über das Ende der wirtschaftlichen Lebensdauer laufenzulassen. Das ist richtig. Aber irgendwann erreichen diese Kraftwerke nicht nur das Ende ihrer wirtschaftlichen Lebensdauer, sondern auch das Ende ihrer technischen Lebensdauer. Und dann ist endgültig Schluß.

Aktualisierung

  • 2017-02-10: Satz und Link zu unternehmenseigenen Kraftwerken ergänzt – Dank an den Leser für den Hinweis!

Quellen

Dieser Beitrag erschien im Original im Blog des Autors.

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Nuklearia